Tagebuch




All die Augenblicke …

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Gabi am TCH #1 (BC-Hwy. #1) mit den Rocky Mountains im Rücken, Alberta

Wir sind wieder gut zuhause angekommen und nun schreibe ich noch kurz auf, wie der Rückreisetag verlaufen ist und vielleicht gelingt auch ein erstes Fazit dieser aufregenden drei Wochen.

Wir haben den Wecker auf 07:30 Uhr gestellt, sind aber bereits um 07:00 Uhr auf den Beinen. Die Nacht war super, die Luft ist klar und kalt. Temperatur: 0 Grad Celsius. Da wir alles gut vorbereitet haben, sind die Koffer schnell zu und alles bis zur Lobby gefahren. Von dort bringt uns der Shuttle zu unserem Auto. Als erstes fahren wir nochmal zurück zum See, gehen nochmals ein ganzes Stück des Emerald Lake Trails und schießen Fotos vom morgendlichen See, über den der Nebel wabert. Wie mag das Bild erst sein, wenn die Wolken nicht so tief hängen und schneebedeckte Gipfel vor blauem Himmel hinter den Bäumen aufragen?

Als wir den Yoho NP verlassen, erheben sich vor uns genau solche schneebedeckten Gipfel. Die Wolken reißen auf - super Sicht; die Wolken hängen tief - das ergibt direkt ein etwas trüberes Bild.

Da wir sehr, sehr früh unterwegs sind und uns nicht zu früh am Airport einfinden wollen, lassen wir uns auch auf der Fahrt Zeit. Hinter dem Banff NP erreichen wir bald die kleine Stadt Canmore; hier sind wir weniger als eine Stunde vom Airport entfernt. Wir fahren eine Runde durch die Kleinstadt, finden eine Bäckerei und gehen rein. Dort bekommen wir zwei ausgezeichnete Cafe Latte und 2 ganz frisch zubereitete Sandwiches. Beides verputzen wir ganz gemütlich in der schönen Bäckerei, die gut besucht ist. Sehr schön!!

Auf dem weiteren Weg machen wir noch kurz Halt am Heart Creek Trailhead, weil hier die Herbstfarben wieder so schön leuchten. Im Rückspiegel habe ich anschließend immer die Rocky Mountains vor blauem Himmel. Es scheint so, als wollten sie uns „goodbye“ sagen. Leider gibt es keine Viewpoints, an denen man mal halten könnte. Aber eine Stelle, an der man Abfall entsorgen kann, gibt es plötzlich. Ich gehe in die Eisen und halte quasi am Seitenstreifen. Pferde grasen vor der herrlichen Kulisse, wir machen letzte Aufnahmen.

Am Airport sind wir dann um 14:30 Uhr. Google Maps hat uns noch um einen Stau herum geführt - wir hatten uns gewundert, warum wir mitten durch die Vorstadt gurken. Das hatte alles seinen Sinn.

Die Koffer werden wir schnell los, auch der Security-Check ist fix erledigt. Nun haben wir viel Zeit. Nachdem Duty Free und die wenigen weiteren Läden besucht sind, setzen wir uns an die Theke. Ich genieße zwei letzte „draft local beer“ und Gabi zwei Margarithas. Dabei schreiben wir beide Tagebuch - Gabi in ihrem kleinen Büchlein, ich am MacBook. So vergeht die Zeit wie im Fluge und sinnvoll genutzt ist sie auch noch.

Der Flug ist pünktlich und unspektakulär. In Frankfurt warten wir dann aber eine Stunde auf die Koffer. Durchsagen klären darüber auf, dass es Verzögerungen gibt - Willkommen in Deutschland. Ich habe Zugverbindungen gefunden, die für uns in Frage kommen und als ich weiß, wann wir fahren können, kaufe ich die Tickets über die DB-App. Kein Schnapper, aber Rail & Fly war leider über Air Canada nicht zu bekommen.

Und auch bei der Bahn ergibt sich leider das gewohnte Bild: kein Zug ohne Verspätung, angekündigt sind weitere Verzögerungen und wenn wir Pech haben, müssen wir für die RE 10 sogar den Schienenersatzverkehr bemühen. Nun ja, zumindest haben wir imposante Vokabeln für die Unzulänglichkeiten (wer zur Hölle denkt sich Wörter wie „Schienenersatzverkehr“ aus?).

Am Bahnsteig treffen wir Otto und Heike aus Nieukerk, die hier in Frankfurt das Wochenende verbracht haben. Das macht das gemeinsame Warten einfacher. Die Rückfahrt im sehr vollen ICE und mit der überfüllten RE 10 läuft dann aber wider Erwarten und entgegen der Ankündigungen recht ordentlich ab.

Um 15:00 Uhr sind wir in Nieukerk, ich flitze schnell los, hole das Auto und so sind wir dann auch zügig zu Hause. Dort ist gerade der Schornsteinfeger in der Nachbarschaft. Dem musste ich aus dem Urlaub seinen angekündigten Besuch in der vergangenen Woche absagen - jetzt ist er spontan bereit, sich schnell (uns sehr ausführlich) um uns zu kümmern. Klasse, wenn das mal kein Glück bringt!!

Den Tag bringen wir gut um und die Nacht ist für mich einigermaßen erträglich. Wir schlafen aber bis in den späten Vormittag hinein und jetzt hat uns der Jetlag voll im Griff. Es ist inzwischen Mittwoch und gleich müssen wir zur Arbeit. Seit 3 Uhr liegen wir wach - da kann ich besser Tagebuch schreiben mitten in der Nacht.

Zum Fazit: was war das wieder für eine tolle Reise? Wie viel haben wir erlebt? Und waren das wirklich „nur“ drei Wochen? Uns kommt es im Urlaub immer „zeitlos“ vor, weil wir so viel erleben.

Dankbar sind wir; sehr dankbar! Dass wir es uns erlauben können, einen solch tollen Urlaub zu gestalten. Und dass wir gesund und körperlich fit genug sind, das auch umzusetzen mit allem, was dazugehört. Dass wir 4.259 Kilometer durch Canada getourt sind, ohne dass etwas passiert ist. Und dass wir auch auf den Trails und den sonstigen Unternehmungen von Unannehmlichkeiten und Verletzungen verschont blieben. Dankbar sind wir natürlich auch für euren lieben Rückmeldungen zu unseren Berichten und Fotos. Danke - solange uns das Spaß macht und es passt, werden wir das auch in Zukunft gerne so machen.

Wir haben wahnsinnig viel erlebt: die ersten Tage im Banff NP und Jasper NP mit den ersten Eindrücken dieser türkisblauen Seen und den Wasserfällen, den Gletschern und der unfassbaren Naturerlebnisse. Banff war sehr schön, in der Stadt war aber sehr viel los - viele Menschen. Jasper gefiel uns etwas besser - dort ist alles so relaxt, laid back, entspannt.

Bei weiterhin bestem Wetter kamen dann der unerwartete Trail am Mount Robson und die schöne Zeit im Wells Grey NP. Es schlossen sich die Tage in Sun Peaks (mit einer eher einfachen Höhenwanderung) und Whistler (mit einem anstrengenden und kräftezehrenden Trail) an. Dort lernten wir auch Dirk und Sylvia kennen, mit denen wir im weiteren Verlauf noch drei sehr schöne Abende gestalten durften. Danke euch für die super Zeit - wir sehen uns wieder!

Dann die Tage auf Vancouver Island: mit alten Bäumen, Wasserfällen, Ziegen auf Dächern und natürlich dem entlegenen Telegraph Cove mit Grizzly-Tour und 2 Orcas. Victoria hat uns auch sehr gut gefallen, die beiden Fährfahrten sowieso.

Dann Vancouver - das Wetterglück ist und nicht mehr so hold, aber hey: wer konnte damit rechnen, dass die ersten beiden Wochen so super sind. Alles gut! Die Bike-Tour in Vancouver mit Nieselregen werden wir nie vergessen - auch ein Erlebnis! Das komische Motel in Princton als Ausnahme. Alle anderen Unterkünfte waren richtig gut bis herausragend. Kelowna mit dem unfassbaren Weingut und den Trails am Knox Mountain. Der Blues-Pub mit Livemusik. Überhaupt: die schönen Abende in den Pubs und Kneipen mit so unterschiedlichen Genüssen bzgl. Getränken und Speisen.

Und dann das große Finale in der Emerald Lake Lodge und im Yoho NP - perfekter Abschluss!!

Was nicht geklappt hat ist die Begegnung mit einem Bären am Straßenrand oder auf einem Trail - wie wir es von anderen regelmäßig hörten. Das hatte sich besonders Gabi sehr gewünscht. Gestern schickte mir Dirk einen Zeitausschnitt, wonach aktuell in einem Nationalpark Albertas (es gibt dort fünf, von denen wir mit Banff NP und Jasper NP zwei bereist haben) ein Ehepaar samt Hund von einem aggressiven Grizzly getötet wurden. Puh - wenn es einen schönen Tod gibt, ist das bestimmt keiner! Dann doch lieber die Bären aus der Ferne betrachten - alles gut!

Fliegen wir nochmal nach Canada? Warum nicht, wenn alles so bleibt, wie es ist. Das Land ist super - gefühlt ist man dort noch weniger touristisch aufgestellt als in den USA. Und die Natur ist vielleicht nicht ganz so abwechslungsreich wie auf einer Fahrt von San Francisco nach Denver. Aber Canadas Natur ist einfach ruhig, weitestgehend einsam, überwältigend schön und die Zeit dort sehr erholsam.

Das war einfach alles super und wir werden unsere gesamten Tagebucheinträge in nächster Zeit mindestens noch einmal lesen müssen, um uns an alles zu erinnern. Aber das ist es, was bleibt: die gemeinsame schöne Zeit und die Erinnerung - das haben wir gehabt.

Und da wir viel Zeit im Auto verbracht haben, haben wir auch wieder sehr viel schöne Musik gehört. Viel Country, aber auch gemischte Musik. Immer wieder hat sich auch Wolfgang Niedecken in die Playlist geschlichen. Und er sang uns mindestens drei mal u.a. diesen Textauszug:

„Nee, nee, keine Frage – es ist alles okay
Auch die kostbarsten Momente gehen vorbei
Schon klar, doch – hey – das tut nicht mal weh
All die Augenblicke nimmt mir keiner mehr
Ganz bestimmt, die nimmt mir keiner mehr


Dem ist nichts hinzu zu fügen! Auf weitere, gemeinsame und schöne Augenblicke. Bleibt gesund, wir sehen uns - bis bald!!

Tagesetappe: 232 Kilometer mit dem Auto, 7.644 Kilometer geflogen

Grand Finale: Emerald Lake Lodge

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Jürgen am Emerald Lake, Yoho NP, British-Columbia

Das Stoke Hotel in Revelstoke ist wirklich sehr zu empfehlen! Klein, fein und besonders. Das betrifft auch den Frühstücksraum, der ganz ohne Fernseher, dafür aber mit perfektem Diner-Ambiente in Türkis daher kommt. Und: kein Einmalbesteck u.ä. - alles wird gespült und wieder verwendet.

Drei Dinge habe ich noch nachzutragen von den vergangenen Tagen: Wir haben bereits am Mittwoch nach den leckeren Ribs getankt und hofften, dass dies die letzte Tankfüllung war (da wussten wir noch nichts vom großen Umweg heute). Tanken kommt hier in Canada einem Formel-1-Pit-Stop gleich: ranfahren, iPhone an die Zapfsäule halten, Noozle in den Tank stecken und voll machen. Quittung bestätigen, entnehmen und ab dafür. Gefällt mir sehr gut!

Gestern Abend im „112“: wir haben uns einen schönen Platz gesucht beim Pool-Tisch. Die Klimaanlage war dort aber so kalt eingestellt, dass wir die Jacken anziehen mussten. Selbst ich, der hier in der Sonne bei einstelligen Temperaturen im T-Shirt unterwegs ist musste kapitulieren. So kann man auch ans kälteste „Beer in town“ kommen: Einfach die ganze Bude auf Kühlhaus runter regeln und schon bleibt das Frischgezapfte lange kalt. Brrr.

Und drittens: seit ca. 2 Wochen weisen Schilder auf allen Highways darauf hin, dass ab 01.10. Winterreifen Pflicht sind. Das ist morgen, ich gehe mal davon aus, dass die Reifen auf unserem nagelneuen KIA noch ok sind bis zum Airport. Schneien sollte es aber dennoch nicht heute Nacht - ausschließen möchte ich das nicht.

Unser Wecker stand auf 06:45 Uhr - daher sind wir um 07:45 Uhr unterwegs. Das ist akzeptabel inkl. Frühstück in unserem Alter.

Es ist ungewöhnlich, so früh auf der Bahn zu sein. Die Wolken hängen extrem tief und wir fahren teilweise hindurch. Fotos bieten sich einfach nicht an in dieser Situation und wir genießen die ruhige Fahrt. Es geht wieder über den TCH (#1), diesmal durch den Glacier National Park. Dieser hat 400 Gletscher, die aber nur bei Wanderungen ins Hinterland zu sehen sind. Über 10% seiner Fläche liegt auch im Sommer unter Eis und Schnee. Heute rollen wir nur durch.

So machen wir Kilometer um Kilometer. Die hohen Berge vor uns sind von Schnee bedeckt, wenn sie aus den Wolken auftauchen. Die Landschaft ist spektakulär während des gesamten Tages, die Fahrt an sich ist easy going. Außer einem toten Biber auf der Fahrbahn (sehr frisch, tadellos im Fell) nichts aufregendes.

Der BC-TCH #1 ist hinter Golden Richtung Yoho NP komplett gesperrt. Gut, dass wir das gestern schon herausgefunden haben und so zeitig unterwegs sind. Also fahren wir weiter bis Radium Hot Springs. Dort zweigt der Weg wieder Richtung Norden ab. Ein Hinweis: nächste Tankstelle: 133 km! Das muss man sich mal vorstellen: im Umkreis von 133 km hast du keine Möglichkeit, nachzutanken. Nirgendwo - no chance! Für unsere Verhältnisse unvorstellbar! Und zusätzlich: die nächsten 120 km kein Mobilfunk! Mein KIA behauptet, noch Sprit für 142 km zu haben. Das wäre eine „Reserve“ von 9 km. Nunja - für mich ist das zu knapp bemessen, denn ich kenne das Gelände nicht, durch das wir fahren werden. Zu viele Steigungen und dann war es das mit Autofahren.

Wir drehen um, fahren den Kilometer zurück bis zum „Roundabout“ (Kreisverkehr) in Raduim und tanken bei Esso. Kaum fertig sehe ich Gabi, wie sie eine Herde wechselnder Bighorn-Sheep ablichtet. Die sind hier mal eben durch den Kreisverkehr gestiefelt, getreu dem Motto: „wir haben Vorfahrt!“

Ab jetzt fahren wir über 100 km durch den herrlichen Kootenay NP. Stopps gibt es nur wenige, gute Möglichkeiten für Fotos noch weniger. So erreichen wir bei Banff wieder bekanntes Terrain, hier schließt sich die Runde. Für uns gilt es aber heute noch weiter zu fahren und den bislang unbekannten Yoho NP zu erkunden. Das Wetter ist weiter durchwachsen, aber nun weitestgehend trocken. „Yoho“ stammt aus der Sprache der Cree-Indianer und bedeutet „Staunen“, „Bewunderung“. Das trifft genau auf den spektakulären Yoho National Park zu. Er liegt am Hauptkamm der Rocky Mountains und gehört zusammen mit dem Banff National Park und fünf weiteren Parks zum UNESCO Weltkulturerbe.

Ein erster Stop gilt einem Viewpoint und zwar auf einen der „Spiral Tunnels“. Die Aussicht ist weniger beeindruckend als die Geschichte dahinter. Aber nur kurz: es handelt sich hier um zwei sog. „Kehrtunnel“ der transkontinentalen Canadian Pacific Railway (CPR). Diese galten bei Eröffnung 1909 als technische Meisterleistung, denn sie reduzierten durch die längere, in Schleifen verlaufende Streckenführung die gefährliche Steigung von 45% am Kicking Horse Pass auf „nur noch“ 22%.

Wir biegen ab und zwar auf die Yoho Valley Road, welche durch ein 13 Kilometer langes, enges Tal zu den Takakkaw Falls, die mit 254 Metern freiem Fall die zweithöchsten Wasserfälle Westkanadas sind, führt. Allein diese Fahrt muss man erlebt haben. Ganz enge 180-Grad-Kehren - mit Gegenverkehr geht hier nix. Daher: Augen auf und wachsam sein. Die Falls sind sehenswert, die anderen Besucher, vornehmlich Asiaten machen schon komische Sachen. Halsbrecherische Klettertouren für das perfekte Selfie, Rudelselfies mit Handy-Stick u.ä. müssen offensichtlich sein - überall!

Auf dem Rückweg liegt ganz bescheiden ein Mini-Parkplatz. Offensichtlich ein Geheimtipp, denn hier ist niemand. Es handelt sich um das „Meeting of the Rivers Confluent“, den Zusammenfluss von Yoho River (weiß) & Kicking Horse River (türkis). Direkt am Parkplatz geht es nur einige Schritte sehr steil runter zum Fluss; das ist kein offizieller Weg, er beschert uns aber auch hier ganz viel fließendes Wasser und tolle Möglichkeiten für das perfekter Foto.

Ich bin wirklich dankbar, dass wir auch diese drei Wochen wieder ohne Blessuren oder Unfall überstanden haben. Daran denke ich, als ich über die glitschigen Flusskiesel und großen Felsbrocken balanciere und klettere. Ein blöder Moment und du kannst dir schnell ein paar Knochen brechen oder mehr. Kein Spaß, erst recht nicht hier, wo du mangels Netz noch nicht mal die 911 anrufen könntest - von einer möglichen Bergung mal ganz abgesehen. Aber: es ist mal wieder sehr gut gegangen!

Jetzt aber auf zur Emerald Lake Lodge am gleichnamigen „Edelsteinsee“. Diese Location soll besonderes sein und wir möchten etwas davon haben. Dort angekommen sind noch viele Tagesgäste da. Zwischen Parkplatz und Lodge liegt eine Brücke und wer nicht weit laufen möchte macht von hier seine Fotos, im Rudel, mit Selfiestick - ihr wisst schon …

Wir gehen ohne Gepäck rüber und checken ein. Mit unseren Schlüsseln finden wir die Hütte 28 und dort das Zimmer 3 unten rechts (283). Klasse! Mit offenem Kamin im Schlafzimmer und mit Balkon (Seeblick). Das Feuerholz ist schon aufgeschichtet. Kein Netz, kein WIFI -aber ein super Zimmer. Das haben sich die CANUSA-Leute gut ausgedacht für den Abschiedsabend. Ich beschreibe auch gar nicht viel mehr - lasst die Bilder sprechen …

Wir müssen unser Auto umsetzen auf den 1 km weiter unten liegenden „overnight“ Parkplatz. Ein (24/7) Shuttle holt uns dort ab und ein Caddy transportiert unsere Klamotten und uns bis vor die Hütte. Kamera raus und los. Wir gehen ein Stück den „Emerald Lake Loop Trail“ und berauschen uns an der Farbe des Sees und den Spiegelungen. Anschließend gehen wir direkt an die Bar. Hier sitzen wir ungezwungener als im Restaurant nebenan. Bier, Bison-Burger und Nudeln sind klasse - der Kellner auch. Neben mir sitzt Thyssen, der seinen kanadischen Whisky on the Rocks, mit Soda und einem Spritzer Zitrone trinkt. Ok, da dürfte die Marke des Whiskeys nebensächlich sein (?). Wir quatschen und ich erzähle natürlich von der Whiskybotschaft und den „Fine Spirits“. Das findet er spannend!

Wir lassen es so richtig krachen heute und bestellen zum „Nachtisch“ den „Smoked Port Old Fashioned“-Cocktail: Portwein, Whiskey, Cherry-Bitter und Ahornsirup werden über Eis geschüttelt und dann (verziert mit Cocktailkirschen und Zitronenzeste) unter einer Glocke mit Ahornspänen geräuchert. Die Präsentation ist spektakulär und mit viel Firlefanz und Brimborium verbunden. Gabi hat ein Video gedreht und zur großen Freude des Barkeepers sofort nach Facebook gestellt. Der Drink war ein schöner Cocktail, fruchtig und süß, dabei (insbesondere in der Nase) etwas rauchig.

Wechsel aufs Zimmer. Vorsatz: heute ist Feuerabend (Tippfehler, sollte „Feierabend“ werden, passt aber noch besser). Keine Fotos, kein Tagebuch, letzter Abend, Kamin an.

So trinken wir bei prasselndem Kaminfeuer ein letztes Glas Wein. Das Feuerholz sieht aus wie gemalt, im Korb und draussen vor der Tür ist noch Nachschub. Ich nehme mir vor, heute Nacht immer was nachzulegen - ging schief, ich habe bei offener Balkontür und Temperaturen um den Gefrierpunkt perfekt geschlafen. Der Abend war dennoch das große Finale eines grandiosen Urlaubs!

Ich sitze hier am Airport und warte aufs Boarding. Nun werde ich mal versuchen, den Text hochzuladen. Fotos muss ich noch sichten und aussuchen. Das mache ich gemeinsam mit dem Bericht von heute in Ruhe von zu Hause aus. Kann ein paar Tage dauern - aber gerne wieder vorbei schauen (allein die Fotos vom Emerald Lake dürften das Wert sein). Das Tagesfoto hat mir Gabi gerade von ihrem iPhone geschickt, als kleinen Vorgeschmack!

Tagesetappe: 447 Kilometer
Übernachtung
: Emerald Lake Lodge, Emerald Lake Road, Field, BC V0A 1G0

The Last Spike!

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Wichtige Menschen beim "The Last Spike", Craigellachie, British-Columbia

Der letzte Nagel ist noch nicht eingeschlagen zu unserer Reise. Aber so mach anderer machte heute von sich Reden:

Die Nacht war mittelprächtig. Letzter Urlaubstag und damit kreisen die Gedanken nachts schon wieder um die Arbeit. Sollen sie nicht, noch ist Urlaub! Frühstücken, packen und ab. Das Wetter ist sehr wechselhaft, unterwegs gibt es Regen und Sonne abwechselnd oder auch gemeinsam. Das ist hier so.

Unser erster Stopp nach einiger Fahrtzeit ist in Craigallachie (nein nicht die schottische Destille, sondern ein Ort am BC-Hwy-#1, dem Trans-Canada-Highway). Hier gibt es einen „Historic Marker“ und zwar den „Last Spike“. Eines der Mammutprojekte zur Verbindung des atlantischen und pazifischen Canada war der Bau der allerersten Schienenstrecke, von „Sea to Sea“. Fortan konnten Personen und Güter mittels Eisenbahn transportiert werden. Fast 5.000 Kilometer lang war diese Strecke und am 07.11.1885 wurde hier, genau hier der allerletzte Nagel eingeschlagen. Aufgabe erfüllt. Einige Gedenktafeln, eine paar originale Schienenstücke etc. erinnern heute noch an diese Meisterleistung. Was muss das für ein planerischer Aufwand gewesen sein und wie viel Schweiß und Kraft muss es gekostet haben, die ganzen Nägel über diese Strecke an die Schienen zu schlagen. Respekt!!

Und womit wir nicht rechnen können: plötzlich rast eine Lok auf der aktiven Strecke neben dem Zaun heran. Kamera hochgerissen, abgedrückt, passt! Es ist nach unseren Maßstäben unvorstellbar, wie viele Wagons so ein Zug zieht. Heute waren es mindestens 100, wenn nicht 150.

Wir erreichen Revelstoke und endlich scheint auch wieder die Sonne. Nach einem kurzen Besuch im Hotel (wir sind natürlich viel zu früh und die Zimmer sind noch nicht fertig) fahren wir in den Mount Revelstoke NP. Eine 24 km lange Straße führt in sanften Schwingungen hinauf zum Gipfel. Die letzten 4 km sind aber heute gesperrt - oben schneit es und es ist „icy“.

Wir lassen es ruhig angehen und folgen den Tipps der freundlichen Dame im Eingangskiosk. Auf die Bären sollen wir achten - jaja, das kennen wir ja schon, die lassen sich ohnehin nicht sehen. Dennoch ist das Bearspray beim ersten Trail fest an Gabis Seite. Wir erkunden die Gegend, in der am 08. und 09.02.1921 (!) Skisprungwettbewerbe durchgeführt wurden. Überragende Figur: der Kanadier Nels Nelson! Unsere Erwartungen sind nicht sehr hoch, werden dann aber übertroffen. Zum Einen ist die Aussicht von hier wirklich famos. Zum anderen haben sie an der Absprungstelle einen 1/3 Skispringer montiert und zwar so, dass man sich in ihn wie in eine Schale hineinlegen kann und dann den freien Blick der tollkühnen Recken hat: ins Nichts nach unten.

Das kostet schon einiges an Überwindung, sich so vornüber zu legen und sein ganzes Gewicht in die Schale zu geben. Hui! Wir machen Fotos, die nicht im mindesten den Nervenkitzel wiedergeben können, den wir beide hatten. Sehr cool! Cool sind auch die Temperaturen, aber mit Sonnenschein kann ich sogar zeitweise im T-Shirt gehen. Auch hier finden wir die Moose in den Bäumen. Das ist ein gutes Zeichen für ausgezeichnete Luftqualität, hat uns letztens ein Guide erklärt. Ja, die frische Luft in dieser Menge werde ich sehr vermissen, wenn wieder „Büro“ angesagt ist.

Ein paar Kilometer weiter ist der nächste empfohlene Trailhead. Wir sind auf dem „Broken Bridge Trail“ der uns - Nomen est omen - zu einer verfallen Brücke führt. Die ist eher unspektakulär. Der steile Steig dorthin hat es aber in sich, eröffnet aber auch wieder einige Tiefblicke. Als wir starten: purer Sonnenschein. Nach gut 10 Minuten: immer noch Sonnenschein, aber jetzt inklusive Regen. Aus dem wird irgendwann Schneeregen und dann ist auch die Sonne weg. Schnell zurück zum Wagen. Der Mix bleibt. Gut, dass wir vernünftige Klamotten dabei haben und auch immer was zum Wechseln.

Wir fahren noch einige Viewpoints am Meadows-In-The-Sky-Parkway an und genießen die Gegend und die Herbstfarben. Der Blick in den weiten Taleinschnitt, durch den wir heute vormittag gekommen sind, gefällt mir besonders. Ich kann sogar einen Teil der Straße sehen.

Abschließend fahren wir noch zum Revelstoke Dam - ein Kurzbesuch, bei dem Gabi noch eben so auf einen verrosteten Truck klettert, der hier rumsteht. Hier ist schon Saisonschluss - wie auf den Trails sind wir hier komplett alleine.

Wir fahren zum Hotel, checken ein und ich mache mich über die Fotos her. Gabi geht noch etwas herum und macht im Abendlicht Fotos von der Brücke, über die wir eben gefahren sind.

Besonderer Service des Hotels: es gibt einen Shuttle nach Downtown. Das ist prima, so muss ich nicht mehr fahren heute. Das Lokal ist schnell gefunden: „One Twelve“ oder „112“. -der Name ist doch Programm für mich. Wir meiden das feine Restaurant und nehmen die nächste Tür: ein Pub. klasse! Hier sind wieder eindeutig die Einheimischen am Start. Wir bestellen Bier (ich hatte heute ein „Tall Timber Brown Ale“ und ein „Attila The Honey“), Cider und Burger. Ich muss gar nicht lange überlegen, denn es gibt den „Last Spike Burger“, der mit Jalapenos auch genau meinen Geschmack trifft. Zum Nachtisch gönnen wir uns auch erstmals einen kanadischen Whiskey. Tastingnotes wie zu erwarten: Vanille, Vanille, Vanille!

Wir sitzen direkt bei den jungen Leuten, die Pool-Billard spielen und fühlen und komplett zurückversetzt in die 1980er: Vokuhila ist wieder in und Locken sowie Schnautzbärte auch. In den 80ern haben wir auch Pool gespielt - und wir und unsere Freunde sahen denen hier ganz schön ähnlich. Nur Dutt und Basecap war damals noch nicht in. Schön, so mittendrin dabei zu sein.

Der Shuttle muss nur geordert werden und schon fahren wir entspannt zurück ins Hotel. Jetzt gibt es noch eine schlechte Nachricht. Im Shuttle erfahren wir im Gespräch mit einem Kanadier, dass der Hwy #1, der uns morgen zu unserer letzten Unterkunft in den Yoho NP bringen soll, bis zum 06.10. wegen Bauarbeiten komplett gesperrt ist. Das bedeutet für uns morgen einen Umweg von über 200 km (in Deutschland wäre sowas undenkbar - hier gehört es dazu). Damit haben wir eine Fahrtzeit von fast 5 Stunden anstelle von 2:20. Uff - einziger Trost: die Umwegstrecke ist auch traumhaft schön.

Um das zu verifizieren rufe ich kurz in der Emerald Lake Lodge an: Bestätigung, ja - es tut ihnen leid - es gibt keine Alternative! Gut, das jetzt schon zu wissen und nicht morgen auf der Fahrt davon überrascht zu werden. So können wir uns darauf einstellen. Blöd ist, dass wir zusätzlich auch eine Stunde durch die Zeitverschiebung dorthin verlieren. Egal - wir machen das beste daraus. Früh aufstehen, frühstücken und dann frisch ans Werk: über den Glacier NP und den weiten Umweg in den Yoho NP. Die Lodge soll traumhaft sein!! Allein dafür lohnt es sich!!

Tagesetappe: 247 Kilometer
Übernachtung
: Stoke Hotel in Revelstoke, 1911 Fraser Drive, Revelstoke, BC V0E 2S0

Es hätte auch ein Bär sein können ...

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Jürgen auf dem Paul's Tomb Trail, Knox Mountain, Kelowna, British-Columbia

Super Zimmer, die Nacht war gut, aber der Straßenlärm von draussen ist doch recht laut bei geöffneten Fenster - auch im dritten Stock noch. Gut, der BC-Hwy. #97 führt sechsspurig direkt am Hotel vorbei. Das hat auch Vorteile. Die nutzen die Rettungswagen auch, die gefühlt stündlich hier vorbeiorgeln.

Heute bekommen wir Frühstück und Gabi hat gestern schon bei Einchecken mit Kenner(innen?)blick festgestellt, dass es hier einen Pfannkuchenautomaten gibt. Den nutzt sie natürlich heute, während ich zu Hashbrowns, Rührei, Cevapcici und Toastbrot greife. Kaffee aus den Yetis, O-Saft und Joghurt sind obligatorisch.

Um kurz nach neun fahren wir los. Die Sonne scheint und der Tag liegt vor uns. Wir fahren zu Downtown und von dort ein paar Blocks weiter. Hier schließt sich direkt am See der Knox Mountain an. Einer der ersten Siedler war ein Schotte: Arthur Booth Knox. 1883 kaufte er eine große Menge Land inklusive des Teils, der heute die Stadt Kelowna umfasst. Zu seinen Ehren wurde der angrenzende Berg, der herrliche Ausblicke über den Lake Okanagan bietet, benannt.

Das Auto ist schnell abgestellt und schon erklimmen wir den Apex Trail. Steil ist der, die ersten Schweißperlen rinnen. Bevor wir zum ersten Aussichtspunkt kommen, sind zahlreiche Treppenstufen zu erklimmen. Puh - verschnaufen und die Aussicht genießen. Diese reicht über die Stadt bis hin zu der interessanten Brücke, über die wir gestern zwei mal gefahren sind.

Ab dort entscheiden wir uns für den „Paul’s Tomb Trail“. Der ist nicht ganz so steil, führt aber auf seiner Länge wieder ans Wasser zurück. Zuvor aber haben wir Spaß an dem guten Wetter und der tollen Aussicht über See und Landschaft. Es sind wieder mal nicht viele Leute unterwegs hier. Auffällig sind die sehr sportlichen Joggerinnen und die (vornehmlich) Frauen, die ihre Hunde hier ausführen.

Am Endpunkt treffen wir die zwei älteren Paare wieder, die wir bereits am Parkplatz begrüßt hatten. Es ergibt sich eine nette Plauderei über unsere Reise, deren Verwandtschaft in Germany und schließlich bekommen wir noch ein Foto von uns beiden fürs Archiv.

Ein paar Ecken weiter ergibt sich eine gute Gelegenheit für ein Foto. Der Weg macht eine scharfe Biegung und die Aussicht auf den See ist toll. Gabi nimmt die Nikon, ich schmeiße mich in Positur. Plötzlich schießt ein lebhafter Hund um die Ecke und saust genau an mir vorbei. Im Moment, als Gabi abdrückt, haben wir das beide noch gar nicht realisiert. Mein erster Gedanke: „das hätte auch ein Bär sein können …“. Auf deren Vorhandensein wurde natürlich zu Beginn des Trails mal wieder fürsorglich hingewiesen. War es nicht - der Hund war auch friedlich.

Am Ende waren das knapp 7 km in zwei Stunden. Wunderbare Wanderung. Am Horizont wird es allerdings recht dunkel - da wird doch kein Gewitter heranziehen? Egal! Das nächste Ziel ist der Mission Hill Regional Park ganz in der Nähe unseres Hotels.

Eine Schulklasse Kinder bekommt hier Unterricht im Freien. Wir packen unsere Regenjacke in den Rucksack und nehmen spontan den „Turtle Pond Trail“. Der führt uns nach einiger Zeit erwartungsgemäß zu einem Teich - von Schildkröten ist hier allerdings nicht viel zu sehen. Dafür wandern wir wieder durch einen imposanten Wald.

Das Wetter wird uns jetzt doch zu unsicher. Wir fahren zu Hotel und machen erst mal eine Mittagspause. Erstaunlich, wie viel ich im Urlaub schlafen kann. Dann mache ich mich schon mal über die Fotos her und Gabi bereitet die Koffer schon mal für die Rückreise vor. Wer weiß, wie die Bedingungen in den nächsten beiden Unterkünften sind und ob wir dann Zeit für sowas haben. Jetzt ist sie da.

An dieser Stelle muss ich nochmal betonen, wie perfekt Gabi so eine Reise für uns vorbereitet. Immer ist das richtige Werkzeug oder das passende Equipment zur Hand. Sie hat an alles gedacht und es ist Genuss, so komfortabel verwöhnt zu sein. Danke dafür - einmal mehr. Das ist mehr als sensationell!

Um 17:00 Uhr wollen wir gerne im Memphis Blues BBQ sein. Dort ist heute Live-Musik und das Essen von gestern muss ergänzt werden. Vater hatte schon per Mail zurückgemeldet, dass ihm bei den Fotos von gestern das „Kinnwasser“ zusammengelaufen ist. Heute gibt es Nachschub! Superpünktlich sind wir vor Ort, belagern unsere Booth von gestern und bestellen. Ich nehme mal wieder das Whiskey-Amber, Gabi ein alternatives Cider. Ansonsten machen wir es wie gestern, tauschen nur die Ribs gegen „Slices of Brisket“ aus. Es ist ein Traum! So zartes Fleisch, aus dem der Saft nur so raus tropft. Dazu die herrliche, warme BBQ-Soße. Das ist echt der Hit!

James Hay („Electric Blues“) hat inzwischen aufgebaut. Ich unterhalte mich etwas mit ihm und bewundere seine beiden Gitarren: eine bordeauxrote Gibson und ein Art „Dobro“ von Gretsch, die er im open Tuning gestimmt hat. Er zeigt mir ein paar Slides und ich ahne jetzt schon: der hat was auf dem Kasten! Als er beginnt, wechseln Gabi und ich zur Theke und Gabi zu einem „Memphis Paloma“ (Tequilla & Jim Beam Black mit frischem Grapefruit-Saft, Zitronensaft und Salzrand). Ich muss mich zurückhalten, weil ich noch fahren muss - ansonsten wären wir hier ziemlich versackt.

James spielt coolen Blues, völlig laid back - ich kenne jemanden, der würde sagen: „Der pinkelt Eiswürfel!“ Richtig, richtig gute Mucke. Robert Johnson etc. hat er drauf - es ist ein Genuss!

Irgendwann müssen wir dann doch los, draussen ist es schon dunkel. Die „Sails“ am Hafen werden bunt beleuchtet und der City Park ist fast menschenleer. Gestern war hier noch eine große Gruppe junger Leute am Start; sie vergnügten sich mit Slack-Lines. Heute frönen hur noch 2 x 2 junge Menschen mit Skateboards und Tennisschlägern ihrem Sport.

Gut zu Hause angekommen ist jetzt auch das Tagebuch geschrieben. Gute Nacht - es warten noch 2,5 hoffentlich erlebnisreiche Tage vor uns. Die Wetteraussichten sind leider schlechter geworden seit vorgestern. Aber was sind schon Aussichten? Der Tag zählt und der nächste liegt noch vor uns. Ich freue mich drauf!!

Tagesetappe: 32 Kilometer
Übernachtung
: Microtel Inn & Suites by Wyndham Kelowna, 365 Mills Road, Kelowna, BC V1X 4G9

Mission: Genuss!

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Gabi in der Mission Hill Vinery, West-Kelowna, British-Columbia

Die wesentlichen Themen heute: sensationelle Sandwiches und Ribs, Lachs (freischwimmend im Wasser) und: Wein - besser: das unglaublichste Weingut, das ich je gesehen habe! Im Großen und ganzen geht es also um Genuss. Und was das mit der „Mission“ auf sich hat, erfahrt ihr weiter unten.

Die Nacht im Sandman Inn war viel besser als erwartet. Vor allem war sie wieder lang. Das tut uns gut! Ich werde wach und denke: ob das Regen ist, der dort prasselt? Ich will’s nicht wissen, stecke mir die AirPods ins Ohr, mache eine Morning-Meditation an und die Augen wieder zu.

Einmal aufgestanden sind wir fix reisefertig. Die Wolken hängen sehr tief in den Bergen, die Strecke ist aber genau so atemberaubend schön wie gestern. Der BC-Hwy. #3, der uns auch gestern schon durch den Manning PP geführt hat, heißt „Crawsnest Highway“ - wir befahren also den „Krähennest-Highway“. Passender Name: rauf und runter, kreuz und quer geht die wilde Fahrt. Zwischendurch etwas Sonne. Wir haben es nicht eilig und beschließen, nicht die Umgehungsstraße von Keremeos zu nehmen, sondern mitten durch den kleinen Ort zu fahren - vielleicht finden wir Frühstück? Den KIA stellen wir am Straßenrand ab und schlendern einige Meter die Straße hinauf. Da: ein ganz kleines Cafe, direkt gegenüber! Gabi schnappt sich unsere Yeti-Becher, so benötigen wir schon mal keine Einwegbecher für den Kaffee. „KoolBeans“ heißt das kleine Cafe und die Inhaberin ist sehr nett. Zwei Cafe Latte bereitet sie flugs in die Yetis. Boh, ist der Kaffee lecker!! Dann noch zwei Sandwiches? Klar! Wir suchen das Brot aus, als Belag wählen wir Peperoni (das ist die scharfe italienische Salami) und Mozarella. Warm machen? Klar! Sie packt mein Ciabatta und Gabis Mehrkornsandwich in den Kontaktgrill. Inzwischen schneidet sie Tomaten etc. frisch auf. Kommt alles drauf: Salat, Gurke, Tomate, Zwiebeln, sogar frische Kräuter. Das ist ein richtig gutes Frühstück - frischer geht nicht!!

Zwischenstopps an einigen Viewpoints (mit Anglern) - die Wolken hängen immer noch tief. Dann erreichen wir vier Kilometer vor Peachland den „Hardy Falls Regional Park“. Ab Mitte September wimmelt es hier vor Kokanee Salmons, die bachaufwärts zu einem Pool unterhalb eines Wasserfalls schwimmen. Der ca. 1 km lange schattige Weg dorthin lohnt sich als als Kurzwanderung; das hatten wir ebenfalls bereits zu Hause rausgesucht. Und wirklich: im Fluss wimmelt es von Lachsen. Die sind z.T. rot und nicht so groß wie im Wells Grey PP (Mensch, fast 14 Tage ist das schon her: „fish are jumping …“). Und sie stehen immer vor und hinter den Stufen, die sie hinaufspringen müssen. Haben sie ein Stück geschafft, ruhen sie sich im „Windschatten“ eines Steins oder im Wasser liegenden Baumstamms aus. Was für eine körperliche Anstrengung! Wir genießen auch das Wanderung im leichten Gelände, viele Brücken überqueren den Bach und ermöglichen den Blick auf die fleißigen Lachse. Am Ende: ein kleiner, aber feiner Wasserfall. Sehr gut!

Vor Kelowna fahren wir dann komplett durch die Wolken. Es regnet heftiger. Einmal angekommen, wird es aber wieder besser. Wir stoppen kurz im City-Park, der sehr schön gelegen ist und neben ganz viel Grün auch „Washrooms“ zu bieten hat. Während Gabi dort ist, fotografiere ich die kleinen, putzigen Squirrels.

Da es noch früh ist und das Wetter noch nicht so toll halten wir noch am „Orchard Park“, dem größten Shoppingzentrum zwischen Rocky Mountains und Vancouver. Kelowna ist größer, als wir dachten! Wir schlendern dort herum und bewundern vor allem das riesige Angebot im Outdoor-Geschäft. Hier bekommst du alles, was du in der Wildnis oder zum Fitnessport benötigst.

Wir fahren zum Hotel. Und hier erlebe ich wieder diese „Franz-Nummer“. Am Check in ist man sich sicher, dass wir kein Zimmer reserviert haben. Unser Name steht nicht auf der Liste. Ich bin mir aber ganz sicher und lasse mich auch nicht aus der Ruhe bringen. Er möge doch bitte mal „Juergen“ als Nachname suchen und Franz als Vornamen. Treffer! Wir haben unser Zimmer. Ich erkläre ihm lachend die Zusammenhänge und er versteht! Ich kann mich nur wiederholen: gebt euren Kindern bitte internationale Namen (ohne Umlaut!) Und wenn es denn unbedingt zwei Vornamen sein müssen, dann setzt bitte den Rufnamen nach vorne! Das erspart euren Kindern später im Urlaub diese Situationen, dass sie nicht wissen, wie sie heißen (bzw. auf Passagierlisten, bei Hotelreservierungen etc.) geführt werden.

Das Zimmer ist super, der Tag ist noch jung, es ist trocken - ab jetzt wird es wieder besser (?). Also raus in die Natur. Die Sylvia hat mir den Tipp gegeben, unbedingt das Weingut „Mission Hill“ zu besuchen. Kelowna liegt im Okanagan Valley am gigantisch großen Lake Okanagan. Das Klima ist regelmäßig eher mild und Weinanbau ist hier Tradition. Also: Navi programmieren, 30 Minuten Fahrt und schon sind wir auf dem „Mission Hill“ im gleichnamigen - nun ja, nennen wir es mal „exklusiven“ - Weingut. So was habe ich echt noch nicht gesehen. Bei „Mission“ kann man ja leicht auf eine Verbindung zu „Kirche“ kommen. Passt! Schaut euch einfach die Bilder an - traumhaft. Die Lage und die Ausblicke von hier sind außergewöhnlich, Kunst am Bau und der Gesamteindruck tun ihr Übriges. Nice!! Genuss wird auch hier groß geschrieben.

Jetzt fahren wir wieder zum City Park, stellen unseren KIA für kleines Geld (hier bezahlst du auch 1,25 $ mit ApplePay) ab und erobern Downtown. Vorher gucken wir aber noch schnell an der Waterfront Promenade und im Visitor Center vorbei. Schließlich will der morgige Tag vorbereitet sein.

Downtown ist übersichtlich - viele Kneipen und Restaurants (die 1.000 Geschäfte sind ja bei den Malls am Stadtrand). Wir entscheiden uns für das „Memphis Blues BBQ“ - eine gute Wahl, eine SEHR gute! Das Lokal gehört zu den Top-10 BBQ in Canada! Bier vom Fass wie gewohnt, dafür heute aber mal Strawberry-Cider für Gabi. Mein Bier heißt „Memphis Blues Whiskey Amber Ale“ und war 4 Wochen in Whiskey-getränkten Okanagan-Bourbon-Barrels. Was es nicht alles gibt! Wir nehmen ein halbes (!) Rack Ribs mit Fries, Cole Slaw, und BBQ Beans und dazu einmal „Ribends“ - die wir noch nicht kennen. Das Fleisch kommt aus dem Smoker, der die Hälfte der offenen Küche einnimmt.

Leute -das war unfassbar gut! Ich habe schon viele Ribs gegessen. Aber diese hier und besonders die Ribends fielen von alleine auseinander. Ich musste das mit den Fingern essen. Das Fleisch konntest du zwischen den Fingern zerfasern und es flutschte nur so vom Knochen. Extrem „juicy“ war es zudem. Dann in diese rauchige, recht flüssige BBQ-Soße tauchen und einfach - genießen. Dazu im Hintergrund coole Blues-Musik und ein beeindruckendes Regal mit „Spirits“. Georg - das ist deine Kneipe (wegen der Musik!). Morgen soll es sogar Live-Musik um 17:00 Uhr geben. Chance auf Wiederholung: 98%.

Bis morgen - gute Nacht!

Tagesetappe: 220 Kilometer
Übernachtung
: Microtel Inn & Suites by Wyndham Kelowna, 365 Mills Road, Kelowna, BC V1X 4G9

Where rivers and friends meet

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Gabi in Downtown Princeton, British-Columbia

Komischer Tagestitel? Finde ich auch! Das ist der offizielle Slogan von Princeton, wo wir heute nächtigen. Und passt das zu diesem (ok - ich nehme es vorweg) Nest? Ich weiß es nicht. Passt es zu Canada und unserem Urlaub? Auf jeden Fall - und daher ist es heute der Tagestitel. Gabi mit der kanadischen Fahne unterstreicht das Ganze bildlich.

Ich erledige zwischen Aufstehen und Duschen heute morgen die restliche „Hausarbeit“ von gestern. Nach der Kneipentour mit Sylvia und Dirk mochte ich dann doch nicht mehr an den Mac. Als das erledigt ist und die Klamotten gepackt sind skypen wir noch kurz mit Vater. Bei ihm ist alles ok - das beruhigt uns. Prima!

Heute ist „kleines Programm“ angesagt. Es regnet nicht mehr, manchmal kommt sogar die Sonne durch. Super! Wir müssen ein paar Kilometer machen und haben als ersten Zwischenstopp Richtung Rocky Mountains das Örtchen „Princeton“ als Nachtquartier. Also raus aus Vancouver und zwar mal wieder über den Trans-Canada-Highway (TCH-#1), diesmal Richtung Osten. „Highway of Heroes“ heißt der hier. Respekt! Wir steuern Richtung Hope und anfangs ist es noch ganz schön voll auf der Straße. Das verliert sich nach und nach, alle schwimmen im gleichen Tempo dahin, das geht ganz flüssig. Riesige Trucks meinen dennoch, die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreiten zu müssen und brettern an mir vorbei. Normal! Auch hier ist wie in den USA manchmal die ganz linke Spur für Autos mit mindestens 2 Insassen reserviert. Das kommt mir heute zu Gute, denn ich kann ganz entspannt mit der besten Ehefrau von allen am Stau vorbei gleiten. Klasse Erfindung!

Hinter Hope machen wir unseren ersten Stopp. Hier ist ein Viewpoint am „Hope Slide“ inkl. Gedenkstätte. Am 09.01.1965 ging hier infolge eines kleinen Erdbebens ein riesiger Erdrutsch nieder. Er zerstörte nicht nur 3 km des Hope-Princeton-Highways (auf dem wir heute unterwegs sind), sondern kostete auch 4 Menschenleben. Mehr als 46 Millionen Kubikmeter Erde, Felsen und Schnee rutschten den gut 2.000 Meter hohen Berg hinab. Der Matsch glitt die gegenüberliegende Hangseite hoch und dann wieder zurück. Dabei wurde alles zerstört, was im Weg war. Die Massen bedeckten anschließend 70 Meter des Talbodens inklusive eines ganzen Sees. 4 Menschen in drei Autos waren vorher durch eine kleine Schneelawine gestoppt wurden und konnten dann den Schlamm- und Felsmassen nicht mehr entgehen. Zwei von ihnen wurden nie gefunden. Der heutige Highway liegt rd. 55 Meter über dem ehemaligen Level. Immer wieder werden uns bei unseren Reisen die Kräfte der Natur bewusst. Hier ist wieder mal so ein Platz, daran zu denken, wie machtlos wir doch gegenüber der Natur sind.

Die weitere Fahrt führt uns nun durch den herrlichen Manning Provincial Park. Die gewundene, gut ausgebaute Straße führt uns durch eine traumhafte Berglandschaft. Das ist das Kaskadengebirge, welches wir 2018 bereits auf der amerikanischen Seite in Washington bereist haben. Groß ist der Park, die Durchfahrt dauert ca. eine Stunde. Weit geschwungene Serpentinen hinauf, dann wieder hinunter, wieder hinauf …

Das Visitor Center hat schon seit Mitte September geschlossen. Es wird Herbst und Winter, das zeigt uns nicht nur die wunderbare Färbung der Bäume - auch die Angebote und Aktivitäten verändern sich mit dem Wechsel der Jahreszeit.

Wir haben aber vorgeplant und so fahren wir die Gibson Pass Road hinein bis zum Lightning Lake. Auto abstellen, es sieht überhaupt nicht nach Regen aus. Also nur leichtes Gepäck, das können wir hier im überschaubaren Gelände riskieren. Wir wollen den See umrunden. Der Lightning Lake Trail ist zwar nicht überall gut ausgeschildert - so schwierig ist das aber nicht. Augen auf, dann finden wir auch den Weg. Der See liegt ruhig und friedlich inmitten des herbstlichen Waldes. Wir saugen die frische Bergluft tief ein und genießen die Stille. Kaum eine Menschenseele ist hier unterwegs, es ist ruhig - ab und zu rufen Vögel. Das ist unser Ding - vergessen ist die Großstadt mit all ihrem Trubel. Wir sind keine Stadtmenschen! Dabei war Vancouver super schön, doch freuen wir uns nun noch mehr auf die nächsten Tage in der wieder einsameren Natur.

Der See mit seinen Spiegelungen und der farbenfrohe Wald liefern genügend Fotomotive. Auch die kleinen Squirrel sind wieder da. Über eine sehr schöne Holzbrücke kürzen wir etwas ab. Der Weg geht weiter auf und ab, aber nicht zu anstrengend durch den Wald und am Ufer entlang. Herrliches Ambiente - und die Bewegung tut uns auch gut.

So erreichen wir um kurz nach drei am Nachmittag unsere Unterkunft für die nächste Nacht. Schon von außen ist klar: typisches Motel. Das hatten wir noch nicht in diesem Urlaub. Na, da lassen wir uns mal überraschen, wir haben so eine Ahnung. Und wir werden nicht enttäuscht! Dicker Teppichboden empfängt uns schon im Eingangsbereich - Hausstauballergiker werden bereits auf der Schwelle aussortiert.

Und (sorry!) „dick“ ist auch, was sich da als gigantische Kugel aus dem Office hinter den Tresen schiebt. Sie kann ja vielleicht nichts dafür, aber anziehen können hätte sie doch bitte, bitte etwas mehr! Ein Schild mahnt recht ruppig, die Auslegeware zu schonen: „It is your choice! Place your muddy boots outside or clean the floor!“ Na, wir sind porentief rein und unsere Schuhe in zahlreichen Pfützen am Lightning Lake sorgsamst gereinigt.

Es geht so weiter: Teppichboden (oder sagt man ab 10 cm „Flor“?) überall, auch im Zimmer. Das ist aber wirklich groß genug und sauber - wir wollen uns nicht beklagen. Alles gut. Wir vermuten aber, dass auch der Ort eher rustikal daher kommt. Vermuten heißt nicht wissen - also ab in die City. Das „Sandmann Inn“ thront über der Stadt, wir müssen das Auto nehmen - keine 5 Minuten.

Nun, schaut in die Bilder. Ja, hier in Downtown Princeton ist der Hund begraben. Dabei gibt es eigentlich alles, was man benötigt. Ein Rathaus, eine Kirche, 2 Supermärkte, einen Liquor-Store, einige Restaurants, ein Geschäft, das „alles hat, was man sich denken kann“, den Canabis-Laden und die Freiwillige Feuerwehr. Da wirbt jemand damit, das kälteste Bier der Stadt zu haben - ok, das ist ja nicht schwer zu bewerkstelligen, wenn es hier Kühlschränke gibt.

Die gibt es im „Brown Bridge Pub“ ganz offensichtlich, denn Bier vom Fass und Cider sind gut gekühlt. Die Riesengarnelen im Kokosnussmantel als Vorspeise sind schon mal prima, Gabis Chicken-Sandwich mit Onion-Rings ist ok, erhält aber durch die „hot & spicy“ Soße meiner Fajitas ein willkommenes Upgrade. Ich habe warme Mais-Tortillas, die ich mit Käsemischung, Salat, Sour Creme, Salsa und Riesengarnelen sowie Paprika und Zwiebeln in der feurigen Soße selbst belegen, rollen und dann verputzen kann. Super gut! Und in der Kneipe sind nur Einheimische - außer uns. Finden wir auch klasse - wir sind voll angekommen in unserm Urlaub. Erholung auf unsere besondere Art und Weise - so darf es noch einige Tage weiter gehen.

Auf den imposanten Eingangstoren sowie dem Ortsschild mit Adler ist das Motto zu lesen: „ Town of Princeton - where rivers and friends meet!“ Wie ich oben schon schrieb werden wir das nicht bestätigen können, dazu ist der Aufenthalt zu kurz. Für Canada und unseren Urlaub gilt das aber ganz bestimmt. Hier treffen sich Bäume, Flüsse, Berge, Seen, die auch Menschen hierher und zusammenführen. Das haben wir erlebt - das finden wir sehr gut!

20:10 Uhr - fertig, heute mal sehr früh. Gleich lade ich alles hoch inklusive meiner Füße. Feierabend! Gute Nacht!!

Tagesetappe: 293 Kilometer
Übernachtung
: Sandman Inn Princeton, 102 Frontage Road, Princeton, BC V0X 1W0

Biking rainy Vancouver

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Jürgen auf der Seawall Promenade, Stanley Park, Vancouver, British-Columbia

Der Morgen beginnt für uns zunächst entspannt, denn unser „Termin“ ist erst um 10:00 Uhr. Daher lassen wir es erst mal ruhig angehen. Ein Blick aus dem Fenster bestätigt die Wettervorhersage: es regnet. Irgendwann wird es dann aber doch unruhig, wir müssen uns jetzt sputen.

Duschen, rein in die Klamotten. Layers sind wieder angesagt. Über die Hose kommt die Regenhose, über das T-Shirt die gute Regenjacke. Basecap, damit die Brille klar bleibt - nun nur noch das Regencape über den Rucksack, damit die Wechselwäsche (für alle Fälle) trocken bleibt.

Los geht es - bis zu „Cycle City Tours“ auf der Hornby Street sind es 15 Minuten - den Weg kennen wir schon von gestern. Dort sind auch alle tiefenentspannt. Gabi bekommt ihr Upgrade auf das E-Bike, ich nehme das normale Rad. Die übrigen Gäste sind aber meist ebenfalls elektrisch unterwegs. Unsere Gruppe besteht aus 9 Leuten, 4 Paare und ein Schweizer. Der Guide für heute heißt Greg. Er erklärt die Bikes und hilft bei der Anpassung bzgl. Größe etc. Alles sehr besonnen, hilfsbereit und professionell. Helme sind Pflicht (super!). Regenponchos werden uns angeboten, ich packe mir einen ein, die anderen ziehen ihn gleich an.

Greg erläutert uns, dass es in Vancouver über 300 km Fahrradwege gibt, wir werden uns 24 km davon heute mal ansehen. Das ist eine super Runde und wir werden die wesentlichen Highlights anfahren. Die Kamera muss aber zu Hause bleiben, deshalb gibt es von heute nur Photos, die wir zwischendurch mal mit dem iPhone aufgenommen haben. Der Schwerpunkt liegt heute im „Erleben ohne Fotos“.

Wir fahren die Straße hinunter bis zum Canada-Place, wo die Kreuzfahrtschiffe liegen. Dort stoßen wir auf einen Fahrradweg, der immer am Wasser entlang führt und der uns in den Stanley Park bringt. Greg hält die Gruppe zusammen und immer wieder mal an, um uns interessante Einzelheiten zu erläutern. Der Stanley Park ist größer als der Central Park in New York und auch er liegt quasi mitten in der City. Nur liegt hier auch immer mal Wasser zwischen den Stadtteilen.

An den Totem-Poles gibt es allerhand wissenswertes zu erfahren - das würde hier aber nun zu weit führen. Und es gibt den Tipp, hier eine sehr leckere heiße Schokolade zu kaufen. Das lässt sich Gabi nicht zwei mal sagen. Es ist zwar nicht kalt, aber der Regen ist mit Kakao noch leichter zu ertragen. Überhaupt: es regnet während der Tour ohne Unterlass. Dennoch kommen wir prima zurecht, denn unsere Klamotten halten das Wasser draussen. Das gilt leider nicht für die Schuhe, die der Nässe durchgehend ausgesetzt sind. Die sind (obwohl Gore-Tex) mittags schon sehr nass.

Wir fahren noch ein gutes Stück die Seawall Promenade entlang. Nächster Stop: die kleine Meerjungfrau. Hier haben wir auch einen guten Blick auf die City und Nord-Vancouver. Greg erzählt uns, dass auch Vancouver auf der Kante zweier tektonischer Platten liegt und das nächste größere Erdbeben eigentlich überfällig ist. Das letzte war bereits vor über 300 Jahren und das ist eigentlich der zu erwartende Abstand. Ein Spitzname von Vancouver sei „City of Glas“. Die Hochhäuser seien zwar alle so gebaut, dass sie ein Erdbeben der Stärke 6-9 aushalten müssten. Täten sie das nicht, wäre die Stadt anschließend von einer 2 Meter hohen Glasschicht bedeckt.

Wir biegen einmal ab, um ins Innere des Stanley Parks zu kommen und fahren durch eine kleine Unterführung. Mit einem Schlag sind wir mitten im Regenwald. Schmaler Gravel-Weg, wir fahren zum Beaver-Lake. Der liegt idyllisch mitten im Park. Früher hatten mal Lachse hier ihren Laichplatz und kamen über die fließende Verbindung zum Meer immer hierher zurück, um zu Laichen. Als die Verbindung zum Meer verschwand, waren dann natürlich auch die Lachse weg. Die City hat den Fluß nun wiederhergestellt und neue Lachse ausgesetzt. Hat super geklappt, die Lachse kamen wieder. Nur hatten sich inzwischen auch Biber hier niedergelassen - kein Wunder, wenn der See so heißt. Die können Fließgewässer aber überhaupt nicht leiden und bauen nun ständig einen Damm in den Fluss. Ein Dilemma! In der Folge muss die Stadt nun wöchentlich den Damm und das ganze Holz beseitigen. Ziemlicher Aufwand!

Wir fahren einmal quer durch den ganzen Stanley Park und landen an der Second Beach. Hier ist am letzten Wochenende im Juli immer einiges los: zunächst 3 Tage Feuerwerks-Wettstreit dreier Länder (mit 400.000 Besuchern täglich). Das ist Samstag Nacht zu Ende und am Sonntag ist am gleichen Ort die große „Pride-Parade“ mit 600.000 Leuten. Das sind Dimensionen!

Nach der Weiterfahrt über eine gigantische Brücke erreichen wir Granville Island und dort den bekannten Public Market. Lunchtime! Wir haben 45 Minuten Zeit, die Markthallen zu erkunden und etwas zu essen. Wir haben tatsächlich Hunger und kaufen beim „Gourmet Wok“ Chinanudeln, Curry etc. Sehr lecker, nur schwierig, hier einen Sitzplatz zu bekommen. Das gelingt schließlich und wir sind pünktlich zurück bei den Rädern. Mir sind das eindeutig zu viele Leute hier - der Blick auf die City ist aber auch von hier aus famos!

Nun geht es zum Olympischen Dorf und den Wettkampfstätten der Olympiade 2010 - soweit sie hier in Vancouver waren. Den Blick auf den BC Place kennen wir ja schon. Das ist das riesige Stadion mit Dach, neben dem unser Hotel liegt und in dem seinerzeit die Eröffnungs- und Schlussfeier sowie die Medallienübergaben stattfanden. „Science World“ sieht auch super aus - das kugelrunde, spiegelnde Gebäude ist während der Weltausstellung 1986 als eine Haltestelle des damals neuen Skytrain entstanden.

Vancouver hat in jüngerer Zeit genau von diesen beiden Ereignissen profitiert: Weltausstellung 1986 und Winterolympiade 2010.

Wir fahren durch Chinatown nach Gastown, hören weitere interessante Geschichten und schließen die Runde dann um 15:00 Uhr wieder in Downtown am Canada-Place (hier haben wir nochmal einen tollen Blick auf das Hochhaus, an dem früher - vor dem Unglück mit der Hindenburg - immer die Zepeline festmachten, und zwar oben!) und bei den „Cycle City Tours“. Verabschiedung und auf Richtung Zimmer - wir müssen uns trocken legen.

Nach einer Dusche machen wir uns über die Fotos her und verabreden uns für 18:00 Uhr mit Dirk & Sylvia, die inzwischen auch angekommen sind. Treffpunkt ist der Steamworks Brewpub am Beginn der Gastown. Hier genießen wir draft local Beer; Gabi und ich teilen uns einen Pulled Pork Burger mit Poutine.

Es regnet übrigens nicht mehr und so schlendern wir noch tief in die Gastown hinein, finden einen Geheimtipp von Greg und trinken dort im „Locals“ noch weiteres Bier. Wir lassen es uns wirklich gut gehen hier! Und bei den Gesprächen mit den beiden Gleichgesinnten verfliegt die Zeit. Nun möchten wir alle nochmals ans Wasser: also zurück bis zum Canada-Place und dann noch weiter, immer am Wasser entlang. Im Convention Center hängt eine riesige Erdkugel. Blöd, das Bier will raus, ich benötige einen „Washroom“. Den finden wir ein einer weiteren super Kneipe, dem „Tap & Barrel“. Als ich an den Tisch zurück komme haben die drei mir eine „Flight“ bestellt - eine Bierprobe mit 5 kleinen Bierchen. Alle sehr lecker, aber jetzt is genug!!

Wir begleiten die beiden bis zu ihrem Hotel. Noch nie haben wir uns im Urlaub 4 Mal mit lieben Leuten getroffen, die mal eben so nebenbei auf einer Wanderung kennen gelernt haben. Aber das passt einfach! Danke euch für die super Zeit. Wir sehen uns in good old Germany wieder!

Nachtruhe - es ist 23:09 Uhr und wir sind a little bit tipsy.

PS: ich habe den Rest dieses Berichtes am nächsten Morgen geschrieben und ergänze später noch ein paar Fotos …

Tagesetappe: 0 Kilometer mit dem Auto, 24 Kilometer per Bike
Übernachtung
: YWCA Hotel Vancouver, 733 Beatty Street, Vancouver, BC V6B 2M4

© 2023 Gabi & Jürgen