Tagebuch




„Auf dem Highway der Gefühle …“

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Gabi & Jürgen vor den Olympischen Ringen, Olympic Plaza, Whistler, British-Columbia

„… ist wieder mal die Hölle los!“ So singen Truck Stop und wir beömmeln uns ein weiteres mal darüber, wie man auf die Idee kommen kann, solche Texte zu schreiben. Hoffentlich schiebt niemand auf der Welt den Satz jetzt in ein Übersetzungsprogramm - ich möchte nicht wissen, was dann bei „beömmeln“ raus kommt. Hab ich jetzt tatsächlich gemacht und Google Übersetzer schreibt „… and we joke once again …“. Gar nicht schlecht, finde ich.

Der „Highway der Gefühle“ ist für uns heute über ganz weite Strecken der Yellowhead Highway, den wir bereits von Jasper bis Clearwater unter die Räder genommen hatten (richtig: der „Blondschopf“). Zunächst geht es auf dem BC-Hwy. #5 nach Kamloops; dort wechseln wir nach kurzem Tankstopp auf den BC-Hwy. #1 (Trans-Canada-Highway - TCH), der uns vorbei am Kamloops Lake führt. Dort gibt es einen Viewpoint und das noch sonnige Wetter mit dem schönen See läßt Gabi hüpfen.

Fast 5 Stunden Fahrt liegen heute vor uns - wie immer ganz gemütlich und entspannt mit 100 km/h max. auf den gut ausgebauten Streckenabschnitten - oder später mit 60 km/h in den sehr, sehr bergigen Serpentinen, die zudem sehr „bumpy“ sind. Da ist alle Aufmerksamkeit und Vorsicht der Straßenführung gewidmet. Bis kurz vor Schluss ist es aber sehr sonnig, wenn auch die Bewölkung immer mehr zunimmt. Für Sun Peaks, wo wir gestern Abend noch 27 Grad Celsius genießen durften, rechnet man schon am Dienstag mit Minus 5 Grad und Schneefall.

Gegen halb 12 verspüren wir ein kleines Hüngerchen. Immerhin haben wir bislang lediglich Kaffee, Trauben und ein paar Pringles gefrühstückt. Da kommt uns das „Hungry Herbies Drive Inn“ am BC-Hwy #97 („Cariboo Hwy.“) doch genau richtig. Draussen wirbt man für den „Famous Monster Burger“. Und innen bestätigt mir ein schmatzender Fernfahrer, dass der besonders „juicy“ sein soll. Stimmt - mir läuft der Bratensaft fast die Arme hinunter. 2 Patties, Käse, reichlich Bacon, Pilze, Salat, Tomate und diverse Soßen ergeben in dem weichen Brötchen eine schmackhafte Melange. Gabi ist mit ihrem Chicken-Burger auch sehr zufrieden. Hinzu kommt die urige Atmosphäre des Drive Inn. Klasse! Die Pommes dazu haben wir gleich abbestellt - man muss ja vernünftig bleiben.

Der endless Highway bringt uns schließlich zum Duffey Lake im gleichnamigen Provincial Park. Hier haben sich zahlreiche Baumstämme (logs) im See verkeilt - das scheint ein Dauerzustand zu sein; ist jedenfalls bei Google Maps auch so zu sehen. Insgesamt ist die Landschaft sehr abwechslungsreich: mal erinnern mich die schroffen, grünen Hügel an die Highlands in Schottland, dann die gelbgrünen, kargen Badlands mit kleineren Erhebungen voll Sagebrush an Nevada oder Utah - und schon haben wir wieder sattes Grün, Wälder und hochalpine Gebirge am Horizont. Toll!!

Die Fahrerei macht mir nix aus - ganz im Gegenteil. Das ist alles so schön und ruhig. Niemand drängelt, alles fließt, Gabi reicht mir immer wieder im genau richtigen Zeitpunkt etwas Obst, Wasser oder Kaffee - wunderbar; danke!

Whistler ist bekannt für seine malerische, alpine Atmosphäre und den spektakulären Blick auf die Berge - der uns heute leider verwehrt bleibt. Das Wetter ist hier auf den letzten Kilometern leider (erwartungsgemäß) schlechter geworden.

2010 fanden hier und in Vancouver die Olympischen Winterspiele statt. Im Winter ist der Ort dank seiner Schneesicherheit ein Eldorado für Ski- und Snowboardfahrer aber auch im Sommer ist Whistler nicht weniger attraktiv. Der Blackcomb- und der Whistler Mountain bieten viele Möglichkeiten für Wanderungen, zum Mountainbiken oder auch zum Golfen. Wir würden gerne wandern - morgen, wenn das Wetter mitspielt.

Unser Zimmer in der Crystal Lodge Whistler ist derart gigantisch und nobel, dass wir es kaum fassen können. So einen riesigen Raum haben wir selten, wenn überhaupt schon mal gehabt. Ich habe ausnahmsweise mal 2 Bilder davon eingestellt. Nachdem wir uns eingerichtet haben starten wir, den Ort zu erkunden. Der ist weitestgehend vor 2010 künstlich erweitert worden - als Olympisches Dorf. Der Stil gefällt mir aber sehr gut.

Die Herbstfarben schlagen jetzt hier auch voll zu, wenngleich die fehlende Sonne alles etwas eintrübt. Wir tummeln uns eine ganze Zeit am Olympic Plaza und machen Fotos. Der Wind weht jetzt so ruppig, dass er auch das olympische Feuer ausgeblasen hat.

Nun heißt es, etwas geeignetes zum Abendessen zu finden. Schon von zu Hause aus hatten wir gelesen, dass die „Old Spaghetti Factory“ mehr als ein Geheimtipp ist. Wir haben das ganze Dorf abgegrast - keine Spur von der Nudelfabrik. Dabei liebt Gabi Spaghetti über alles und hat heute auch echt Lust drauf. Wir suchen etwas Brauchbares in der Nähe des Hotels, damit wir hinterher nicht mehr weit laufen müssen - und finden die Old Spaghetti Factory im Untergeschoss unseres Hotels. Supi!

Das ist ein riesiger Laden und der ist rappelvoll. Wir ergattern aber schnell zwei Plätze. Zu den Spaghetti gibt es Brot, Kräuterbutter, wahlweise Salat oder Suppe und (wir verzichten) sogar Eis zum Nachtisch inklusive. Schmeckt alles super und macht richtig satt. Apropos; ich habe gestern was vergessen: die bunten Blumen auf dem Sun Peak sind Lupinen. Ein Schild wies uns auf folgenden Sachverhalt hin: Lupinen sind immer schon die Leibspeise der Murmeltiere gewesen. Und die Natives hier in Canada wussten schon vor tausend Jahren: „Wenn die Lupinen blühen, sind die Murmeltiere fett genug, um sie zu fangen und zu essen!“

Gute Nacht - die Aussichten für morgen sind regnerisch, aber wir machen was draus!

Tagesetappe: 357 Kilometer
Übernachtung: Crystal Lodge, 4154 Village Green, Whistler, BC V0N 1B4

Banff NP - at it’s best!

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Gabi auf dem Johnson Lake Loop Trail, Banff NP, Alberta

Das war ein wunderbarer, nein - ein fantastischer Tag!!

Der fing für mich schon um 04:00 Uhr in der Früh an - zumindest war zu diesem Zeitpunkt die Nacht zu Ende. War ja auch klar. Bis 05:30 Uhr habe ich mich bedeckt gehalten und weiter gedöst. Dann hole ich den Mac hervor und redigiere den etwas hölzernen Text von gestern Abend.

Gabi wird dann auch wach und kocht Kaffee. Wir kommen schnell in die Gänge und stehen im ersten Morgengrauen vor dem Hotel. Es ist kurz vor sieben und bevor wir auch nur weiter denken können steht ein stattlicher Elk (so heißen die Hirsche hier) mit seinen Damen direkt vor dem Hotel uns grast. Wir halten Abstand und machen ein paar Bilder, die in der Nachbearbeitung aber noch etwas nachbelichtet werden wollen. Sonnenaufgang ist um 07:10 Uhr. Es ist 3 Grad warm, die Jacken können wir gebrauchen. Kaum ein Mensch ist unterwegs um diese Zeit. Das gefällt uns viel besser als die Menschentrauben gestern Abend.

Wir nehmen den Bow River Trail immer am gleichnamigen Fluss entlang und machen erste Fotos. Recht glattes Wasser, schöne Spiegelungen. So erreichen wir den Cascade Of Time Garden mit seinem „very british“ anmutenden Schlösschen. Von hier oben hat meinen einen sehr schönen Blick auf die Banff Avenue, gleichzeitig schnurgerade Hauptstraße des Ortes, und den Cascade Mountain. Wir wandern weiter und genießen Stille und frische Luft. Die aufgehende Sonne tupft rote Streifen auf die Bergspitzen.

So erreichen wir den „Surprise Corner“ mit seinem tollen Blick auf die Stromschnellen der Bow River Falls und das altehrwürdige „The Fairmont Banff Springs Hotel“. Groß und mächtig schmiegt es sich in den Wald auf der gegenüber liegenden Hangseite. Über die menschenleere Banff Avenue geht es zurück zum Hotel. Mangels Licht sind die Fotos etwas fade, das lag an der frühen Stunde und dem Schatten. Tiny lässt sich noch mit einem riesigen Stoff-Moose ablichten, dann ist mit rd. 4 km die erste gute Wanderung des Tages geschafft.

Kurz aufs Zimmer und dann mit dem Auto nochmal zum IGA-Supermarkt. Wir kaufen etwas für später zum Frühstück und halten anschließend am Visitor Center. Mit einem Park-Ranger besprechen wir die Planungen der nächsten Tage und klären, ob wir Bear-Spray benötigen in diesem Urlaub. Klares „Jein“! Begegnungen mit aggressiven Bären sind äußerst selten und Angriffe auf Menschen noch seltener. Aber sie treiben sich hier halt überall rum, die Grizzlys und Schwarzbären. Und wenn es dann doch mal schief geht möchte ich mich nicht nur mit bloßen Fäusten wehren können. Also: bewaffnen! Ich Unterscheibe einen Aufklärungsbogen - das Zeug ist nicht ungefährlich, aber recht nützlich. Für 6 Sekunden reicht der Inhalt der Flasche. Also für 3 x 2 Sekunden Pfefferspray vom Feinsten auf 8 bis 10 Meter. Es ist wie mit dem Regenschirm. Wenn du einen hast, regnet es nicht.

Jetzt aber los: die Cascade Ponds sind unser erster Ziel und diese traumhaften, spiegelglatten Wasserlöcher mit kleinen Brücken, dem umgebenden Wald und den Bergen vor blauem Himmel hauen uns echt um. Leider kämpfen wir den ganzen Tag mit viel Gegenlicht, restlos begeistert sind wir dennoch. Noch ist es recht ruhig hier. Nur einige wenige Familien haben den Grill angeworfen und bereiten ihren Sonntags-Brunch zu. Wir setzen uns auch an einen Tisch und mampfen Croissants mit Käse und Braten sowie Tuna-Sandwiches. „Breakfast with a view“ nennt man das wohl.

Nächster Stopp: der Johnson Lake. Den umrunden wir auf dem Johnson-Lake-Loop-Trail. Langgezogen ist der See mit einigen Ausbuchtungen. Ein Stand-up-Paddler mit Mini-Hund begleitet uns eine ganze Weile. Auch hier: (noch) nix los. Der Hund heißt bestimmt Sharky, denn er trägt eine Haifischflosse als Schwimmreifen.

Die Seen liegen an der Straße wie an einer Perlenschnur. Auch am Two Jack Lake und am Lake Minnewanka halten wir an und vertreten uns die Beine. Die Ausblicke ähneln sich, manche Fotos auch - wir können uns aber kaum sattsehen an der Kulisse. Es ist jetzt aber merklich voller geworden.

Zum Abschluss statten wir dem Mount Norquay Scienic Lookout noch einen Besuch ab. Auf halber Höhe zum Skigebiet auf dem Mount Norquay bietet ein Aussichtspunkt einen tollen Blick auf Banff und Umgebung. Ich mache hier u.a. mal ein Panorama - ihr findet es wie eine kleine Auswahl des Tages bei den Fotos.

Um 14:00 Uhr sind wir wieder auf dem Zimmer - ziemlich platt. Gabi ruht einen kleinen Moment, ich versorge schon mal die Bilder.

Dann gehen wir in die Downtown und kehren in der Canadian Brewery ein. Wir haben Durst. Zu Cider und local Beers gesellen sich Wings, Nachos und ein Cicken-Burger. Gabi hat „Poutine“ als Beilage - die kanadische Pommes-Spezialität mit Bratensoße und Käse. Alles sehr schmackhaft! Wir schlendern noch einmal die Banff Avenue hinauf bis zu den Cascade Gardens. Anderes Licht, gleicher Blick. Nebenan ist Herbstfest des Farmers Market -mit Livemusik, die ich jetzt immer noch von unserem Balkon aus höre, auf dem ich diese Zeilen verfasse. Abgefahrene Truppe mit funky Bass und irrem Drummer.

Jetzt ist das Tagebuch geschrieben und ich bin reif für die Matratze. Morgen geht es wieder wieder zeitig los. Um 07:40 Uhr werden wir abgeholt - von einem Banff Discovery Tourguide. Doch das ist die Geschichte für morgen. Gute Nacht.

Ach ja - Deutschland ist Basketball-Weltmeister! Wer hätte damit gerechnet? Schön, wenn ein Team funktioniert und alles gibt. Dann wird man auch belohnt - manchmal! Ick freu mir.


Tagesetappe: 48 Kilometer
Übernachtung: Banff Park Lodge Resort Hotel & Conference Center, 201 Lynx St., Banff, AB T1L 1K5

Banff NP - Tourquoise Lakes

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Gabi & Jürgen am Lake Louise, Banff NP, Alberta

Komischer Titel - Seen hatten wir doch gestern schon und so ganz farblos waren die doch auch nicht? Naja - schaut euch mal die Bilder von heute an: DAS ist türkis!

Die zweite Nacht war wie immer besser als die erste. Wir sind dennoch zeitig auf den Beinen, packen unsere sieben Sachen, nehmen einen Kaffee mit Müsliriegel auf dem Zimmer und packen unsere Klamotten ins Auto. Das dürfen wir erst mal noch in der Tiefgarage stehen lassen, obwohl wir schon auschecken. Gut!

Gestern Abend hatten wir kurz bei Discovery Banff Tours auf der Banff Ave. vorbei geschaut - nur so. Dabei stellte sich heraus, dass unsere Abholzeit heute nicht 07:55 Uhr, sondern 07:41 Uhr (!) ist. Wir hatten die Tour zu den beiden bekanntesten Seen des Banff NP von zu Hause aus gebucht. Der Grund: in einem You-Tube-Video hatten wir erfahren, dass die beiden Seen nicht mehr ohne weiteres mit privaten PKW zu erreichen sind. Der Lake Louise darf theoretisch noch angefahren werden - die Parkplätze sind aber immer voll. Die Straße zum Lake Moraine ist für PKW inzwischen gesperrt - da dürfen nur noch Shuttle- und Tourbusse durchfahren. Das macht es kompliziert. Die Shuttle kann man von zu Hause zwar auch buchen, ist dann aber zeitlich sehr festgelegt und wirklich einfach ist das auch nicht. Viel einfacher ist es dann, eine Tour mit Guide zu buchen. Der (oder in unserem Falle „die“ - „Phoebe“) fährt einen dann bis vor Ort und erzählt auch noch so manches interessante über die Geschichte des Bergsteigens hier, den Banff NP und die beiden Seen.

Um 07:42 Uhr ist Phoebe an unserem Hotel. Sie fährt einen ziemlich coolen Bus und die Sitze ähneln eher luxuriösen Fernsehsesseln - ok: Marke Recaro. 16 Personen sind wir kurz darauf an Bord und sie fährt uns über den Trans-Canada-Highway 1 zum Lake Louise. Unterwegs hat sie sich vorgestellt - sie ist Australierin, gelernte Profifotografin und Grafikdesignerin und war auch schon in München („the every day Disneyland for everyone“). In Whistler hat sie als Skilehrerin gearbeitet und aktuell betreut sie Bergtouren und Ausflüge für „Banff Discovery“. Sie macht, was ihr gerade gefällt - irgendwie eine australische Pippi Langstrumpf. Und sie hat berichtet, dass Banff ca. 9.000 Einwohner hat, jährlich aber Besuch von 6 Millionen (!) Touristen bekommt, 75% davon im Sommer. Unfassbar!

Am Lake Louise haben wir eine Stunde Zeit, Fotos zu machen und uns umzuschauen. Es ist ziemlich voll, aber wie immer: wenn man ein paar Meter geht, dann verläuft sich das (hier zumindest etwas). Der See ist sowas von türkisblau. Das kommt vom Gletschermehl, das zusammen mit dem Gletscherwasser in den See gelangt. Es schwebt im Wasser und filtert das gelbe und rote Farbspektrum raus. Hinten grüßt der Viktoria-Gletscher und lässt erahnen, welche Eismassen hier oben in den Rockies noch vorhanden sind. Die Kulisse spiegelt sich im glatten See und wir fotografieren lustig drauf los.

Der zweite See heißt „Lake Moraine“. Der Name basiert darauf, dass die Gletscher hier Moränen angehäuft haben, die heute auch „Rock Piles“ heißen. Einen solchen erklimmen wir und von oben ist das türkisblau nochmal intensiver - das liegt am Blickwinkel, sagt Phoebe. Auf dem See wird lustig Kanu gefahren und auch Tiny findet einen neuen Freund in XXL. Die Seen waren wirklich klasse - aber die Menschenmassen muss ich nicht jeden Tag haben - das wird auch in ein paar Tagen nicht mehr so sein.

Phoebe fährt uns sicher zurück nach Banff und gibt noch einige wertvolle Hinweise. Im Hotel schnappen wir uns den bereit stehenden KIA, besorgen im IGA-Supermarkt noch etwas für den Lunch und die kommenden Tage und fahren dann zu den nahe gelegenen Vermillion Lakes. Dort finden wir schnell eine Bank mit Aussicht und verputzen unsere üppigen Sandwiches.

Da wir heute Nacht im Lake Louise Village verbringen (Vorteil: 50 km näher dran am Icefields Parkway, der morgen auf dem Programm steht), fahfen wir zunächst die gleiche Strecke über den TCH-#1 wie heute Vormittag Richtung Norden. Bald biegen wir aber auf den beschaulicheren Bow Valley Parkway (eine parallel verlaufende Strecke) ab.

Nächstes Ziel ist hier der Johnson Canyon. Der ist ebenfalls bekannt dafür, total überlaufen zu sein. Heute Mittag hält es sich aber in Grenzen. Im Grunde ist das eine Klamm, vor der sich die deutschen Klammen wie z.B. die Breitachklamm nicht verstecken müssen. Nachdem wir die Lower Falls erreicht haben reduziert sich das Publikum merklich. Die weitere Strecke bergauf zu den Upper Falls sparen sich die meisten Leute (erst Recht, wenn sie schwarze Fellschlappen tragen). Und auf dem Weg dorthin gibt es noch einige Stromschnellen und kleine Wasserfälle zu sehen, die mit den beiden ausgeschilderten absolut mithalten können. Sportprogramm ist jedenfalls erledigt für heute.

Weiter Richtung Norden wartet nun noch „Morant’s Curve“ auf uns. Eine Eisenbahnstrecke schlängelt sich im wahrsten Sinne des Wortes am Bow River entlang. Und an dem genannten Aussichtspunkt hat man die Bahnstrecke inkl. Fluss und Bergpanorama schön vor sich liegen. Es gibt sehr schöne Aufnahmen von hier, auf denen sich ein Zug dort entlangschlängelt. Wir warten gute 45 Minuten - aber keiner kommt. Dann eben nicht.

Wir tanken voll - für alle Fälle und beziehen unser Zimmer. Von hier oben hat man einen tollen Blick auf den Viktoria-Gletscher und das Bergpanorama.

Wir sind ziemlich fertig und müde. Dennoch machen wir uns noch über die Fotos und das Tagebuch her. Zwischendurch gehen wir in eines der hauseigenen Restaurants und bestellen jeder eine Pizza. Klar - großer Fehler; das ist niemals zu schaffen. So haben wir jetzt aber bereits Frühstück oder Lunch für morgen.

Ich muss ins Bett, bis morgen - allen eine gute Nacht!


Tagesetappe: 77 Kilometer
Übernachtung: Lake Louise Inn, 210 Village Road, Lake Louise, AB T0L 1E0

Icefields Parkway

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Jürgen am Athabasca Glacier, Columbia Icefield, Jasper NP, Alberta

Jaja, ich gebe es zu: auch der heutige Tagestitel ist etwas einfallslos und keinesfalls das Highlight meiner Einfälle. Aber: heute war wieder einmal mehr der Weg das Ziel und mit dem Icefields Parkway sind wir eine weitere der Traumstraßen dieser Welt gefahren. Die sammeln wir ja quasi - was Amerika angeht. Und ich bin ein kleines bisschen „tipsy“ - wie es dazu kam? Lese unten!

Der Icefields Parkway von Lake Louise nach Jasper begeistert durch seine fantastischen Bergpanoramen. Ein Höhepunkt des Parkways ist das Columbia Icefield, ein 325 qkm großes Eisfeld über einer Wasserscheide. Das Gletscherwasser von hier fließt sowohl in den Pazifik, als auch in den Atlantik (!) Und das Arktische Meer. Die heutige Fahrstrecke beträgt eigentlich 236 km - wir haben ein Update genommen, weil wir gleich zu Beginn die Abfahrt vepassten und erstmal ein ganzes Stück den TCH-#1 Richtung Fields gefahren sind. Das ist unsere Rückstrecke am letzten tag - für heute viel zu früh.

Wir verlassen das Lake Louise Inn nach einem kurzen Telefonat mit zu Hause um kurz nach Acht Uhr mit dem beschriebenen Umweg. Dann liegt er vor uns: der Icefields Parkway mit unzähligen Möglichkeiten. Wir haben uns natürlich von zu Hause aus schon einige Dinge vorgenommen und die arbeiten wir nun bei ordentlichem Wetter sorgsam ab. Ich versuche, hier mal nur in aller Kürze darauf einzugehen - ihr findet Fotos dazu bei den Fotos …

Erster Stopp: es ist noch nicht richtig hell, aber der „Herbert Lake“ empfängt uns in aller Einsamkeit. Vollständige Ruhe!

Kurz danach empfängt uns der „Crowfoot Glacier Viewpoint“ mit einem Blick auf den Bow River und den mächtigen Gletscher.

Kaum sitzen wir wieder im Auto - es geht Schlag auf Schlag - erreichen wir Bow Summit und damit mit 2.088 m den höchste Punkt des Parkways.

Hier nehmen wir sofort den unteren Parkplatz des „Peyto Lake Trail“. Es liegt zwar jetzt ein sehr, sehr steiler Kilometer Fußweg durch dichten Wald vor uns; oben erwartet uns aber ein atemberaubender Anblick. Der Peyto Lake ist ein Muss für Fotografen! Er hat seine Farbe auch dem Gletschermehl zu verdanken und mit der Form einer Tatze kommt er sehr „unique“ rüber. Von hier aus ergibt sich auch ein toller Blick auf den Gletscher, der ihn speist. Ich habe mal das Tele-Objektiv bemüht.

Am „Waterfowl Lakes Viewpoint“ halten wir auch nur kurz. Es ist das Übliche: Berggipfel spiegeln sich im See.

Der „Mistaya Canyon Trail“ führt zu einer Kalksteinschlucht, die laut Reiseführer fast so reizvoll sein soll wie der Maligne Canyon bei Jasper. Den Vergleich haben wir (noch) nicht. Es ist aber wieder mal beeindruckend zu sehen, mit welcher Kraft sich Wasser in hartes Gestein schneidet.

Mit dem Sunwapta Pass auf 2.035 m, erreichen wir den zweithöchsten Punkt des Tages; und auch eine Wasserscheide sowie die Grenze zwischen Banff NP & Jasper NP.

Nächster Stopp: das Columbia Icefield (325 qkm). Phoebe hat es uns gestern recht anschaulich erklärt: Wenn man sich seine Hand mit gespreizten Fingern anschaut, dann entspricht der Handrücken dem Icefield und die Finger verschiedenen Gletschern, die sich an Felsnasen entlang zwängen. Das Eisfeld selbst liegt verborgen in der Höhe - nur drei seiner Gletscher (Athabasca, Dome und Stutfield) sind von der Straße aus zu sehen. Wir fahren mit dem Auto zum Parkplatz am Fuße des Athabasca Glacier wandern ein gutes Stück dem Gletscher entgegen. Eiskalt ist es hier, denn der Gletscher erzeugt einen Wind, der kalte Luft zu Boden presst und talwärts zwängt. Und besser kann man den Klimawandel nicht am eigenen Leib erfahren: immer wieder passieren wir Schilder, die uns angeben, wo der Gletscher z.B. 1982 noch war. Beängstigend - der zieht sich jedes Jahr um 10 Meter zurück und verliert 5 Meter seiner Mächtigkeit.

Wir statten auch dem „Icefield Information Centre“ einen Besuch ab. Sehenswert ist hier auch der 20 -minütige Film, der ohne jedes Wort sehr emotional zeigt, was hier abegeht. Traumhafte Aufnahmen von der imposanten Gletscherlandschaft dürfen dennoch nicht fehlen. Sehr schön! Draussen steht eines dieser Ungetüme, mit dem man eine Tour auf den Gletscher machen kann - da verzichten wir gerne, finden wir nicht so toll …

Der "Stutfield Glacier Viewpoint" ist einen kurzen Stopp und ein schnelles Foto Wert.

Richtig sehenswert sind dann wieder die „Sunwapta Falls“. Hier umfließt das Wasser zunächst eine kleine Insel, bevor es sich dann mächtig in die Tiefe stürzt.

Der KIA frisst die Kilometer geduldig - apropos: die Kanadier sind voll metrisch eingestellt. Nix Meilen, Kilometer stehen auf den Straßenschildern. Wir fahren gemütlich mit meist 90 km/h und halten vergeblich Ausschau nach Bären.

Die 23 Meter hohen „Athabasca Falls“ sind schließlich noch Pflichtprogramm. Hier sucht sich das Wasser jeden Weg, den es kriegen kann und stürzt sich rechts, links, kreuz und quer die Felsen hinunter. Ein Weg zu verschiedenen Aussichtspunkten eröffnet Perspektiven. Was mir auffällt heute sind die bunt gemischten Volksgruppen aller Herren Länder, die hier unterwegs sind - wir gehören natürlich dazu. Yaks und Yetis, dazu alle denkbaren und undenkbaren Klamotten dieser Welt. Klar: viele sind zweckmäßig mit Outdoor-Kleidung ausgestattet wie wir. Aber neben Fellpantoffeln, Inkamützen, Leggins XXXXXL und Zarenmützchen ist auch alles andere undenkbare vertreten. Weia!

So erreichen wir schließlich unsere private Unterkunft in Jasper. Und die hat es auch in sich: Ein kleines Häuschen inmitten einer Wohngegend. Jasper ist ganz anders als das eher mondäne Banff. Schlicht, unaufgeregt, amerikanisch (?) - wir finden es einfach klasse! Unser neues Zuhause wird von Kiran & Sonali betrieben. Kleines Haus mit kleinem Garten. Sonali begrüßt uns. Gäste mit Allergien hätten es keinen Meter ins Haus geschafft. Es riecht stark nach Räucherstäbchen. Die Treppe ist mit einem Fell gepolstert, der überflauschig genannt werden darf. Und auch unser tolles Zimmer ist von oben bis unten in Flausch gepackt. Super - aber nicht für jede/n verträglich. Uns macht das nix.

Der Hammer aber ist folgendes: schon bei der Ortseinfahrt Jasper wies ein Schild darauf hin, dass „Bears in Town“ sind. Sonali setzt noch einen drauf. Sie müsse uns darauf hinwiesen, dass immer wieder mal Bären in ihrem Garten auftauchen. Erst gestern sei eine Mama mit ihrem Kleinen über den Zaun gekommen und letztlich sogar ein über 2 Meter großer Papa. Sie zeigt uns Videos, die sie vom Küchenfenster aus aufgenommen hat und wir können es kaum glauben: die tollen da im Garten rum als sei es nix. Sonali bittet uns, die Haustür immer zu schließen und beim Verlassen des Hauses immer mal zu gucken, ob die Luft rein sei.

Das machen wir, als wir aufbrechen, die Stadt zu erkunden. Die Pizzareste von gestern haben uns über den Tag gerettet. Nun aber wollen wir den Abend beschließen. Wir kehren am Ende der Hauptstraße bei „Montana’s“ ein, bekommen einen Platz draußen im 1. OG mit Blick auf die Berglandschaft, den Public Washroom und die Eisenbahn, die erbarmungslos 30 Minuten vorbeiquietscht und bestellen: Neben Cider und Jasper Pale Ale gibt es einen Salat mit Ziegenkäse, spicy Pekannüssen, Apfel, Cranberries und Hähnchenbrust - der schmeckt ihr sehr gut! Ich habe einen Cipotle-Burger und der schlanken Linie wegen Salat als Beilage im Sinn - bestelle dann aber doch meine geliebten Onion-Rings als Beilage. Lecker! Ich ergänze noch ein Jasper IPA und als wir gerade zahlen wollen fängt es an zu regnen.

Deshalb wechseln wir an die Bar und ich nehme noch ein „Rickard’s Red“ - passend zu Gabis Strawberry Margaritha.

Im strömenden Regen laufen wir dann irgendwann heim - die meisten Tropfen fallen aber daneben. Jetzt ist das Tagebuch auch fertig und ich mache gleich die Augen zu . Morgen? Ein ganzer Tag im Jasper NP - mit Bären im Garten?

Tagesetappe: 258 Kilometer
Übernachtung: B & B Kiran Accommodations, 225 Bonhomme Street, Jasper, AB T0E 1E0

Von kalbenden Gletschern und anderen Tümpeln

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Gabi am Edith Cavell Glacier Pond, Jasper NP, Alberta

Vorweg: heute keine Bären im Garten, dafür sahen wir einen am Medicine Lake - aber ganz weit weg, quasi am Horizont. Und ein „female Elk“, also eine Hirschkuh stand am Wegesrand und graste. Als wir dann heute Abend vom Essen aus Downtown Jasper in unsere Straße einbogen, grasten drei weitere Hirschkühe vor der Kirche gegenüber, wir wären fast drüber gestolpert.

Wir hatten heute das große Vergnügen, einen ganzen Tag im Jasper NP verbringen zu dürfen - und wir haben es bei bestem Wetter gut genutzt und sehr genossen. Der Reihe nach:

Wir lassen es etwas ruhig angehen an diesem Mittwochmorgen in Jasper. Vater freut sich über ein Skype-Telefonat; schön, dass bei ihm alles in Ordnung ist zu Hause. Wir trinken einen Kaffee auf dem Zimmer und machen uns dann auf die Socken - bzw. auf die Reifen.

Den Vormittag verbringen wir nochmal am Icefields Parkway, allerdings ganz hier in der Nähe von Jasper. Zunächst fahren wir zahlreiche Serpentinen und eine fein geschwungene Straße (das geht wunderbar im Takt der Musik, findet Gabi) weit hinauf bis zur Edith Cavell Parking Lot. Dort ist der Ausgangspunkt für den „Path of the Glacier Loop Trail“, angeblich einer der besten Kurzwanderwege im Jasper Park. Es nieselt ganz leicht hier oben, die Luft ist dünn. In diesem Urlaub ist „layered clothing“ das Motto: Zwiebelprinzip - T-Shirt, dünne Jacke, Regenjacke. Als es nicht mehr regnet, kann die Regenjacke in den Rucksack, als die Sonne rauskommt, folgt die Jacke.

Der Trail (ca. 2 km) führt zum Edith Cavell Pond unterhalb des Gletschers. Schaut mal bei den Bildern: oben in der Wand hängt der Hauptgletscher, dünne Wasserfälle rieseln herab auf das unten liegende Eisfeld (sieht ein wenig aus wie Tiramissu), vor dem sich der kleine See erstreckt, auf dem auch diverse Eisschollen dümpeln. Wir genießen die Kulisse sehr und ich mache viel mehr Bilder, als ich auf der Website zeigen kann. Plötzlich donnert es - und das, obwohl inzwischen die Sonne scheint. Da bricht ein gutes Stück Eis aus der Wand und donnert in den See. Das haben wir auch noch nie gesehen. Sehr beeindruckend. Wusstet ihr übrigens, dass Eis in der Kühltruhe ca. 80% Luft enthält, Gletscher aber nur ca. 20%? So stark verdichtet ist das Gletschereis und daher ist es auch so hart und widerstandsfähig - leider nicht genug für den Klimawandel.

Eine wirklich tolle Wanderung am frühen Morgen, die bei perfektem Wetter endet. Auch die Blicke in die Berglandschaft gegenüber sind atemberaubend.

Nächster Stopp: Das „Valley of the five Lakes“. Hier gibt es ebenfalls einen Loop-Trail, der allerdings gut 4 km lang ist und deutlich mehr Kraxelei verlangt, als wir erwartet haben. Hier in der Höhe kommen wir ganz schön ins Schnaufen. „Huffin’ and Puffin’“ wie die Amerikaner sagen würden. Die Seen sind aber dann so, wie wir es inzwischen kennen: türkisblau, ganz ruhig - die Welt spiegelt sich im See. Auch das war eine super Wanderung. Nun ist unser weiterer Aktionsradius für heute aber etwas reduziert. So ganz viele Kilometer gehen nicht mehr.

Also fahren wir die gut 50 Minuten bis zum Malinge Lake. Auch diese Strecke ist alleine schon die Fahrt wert. Sagenhaft. Und da nur 60 km/h erlaubt sind ist das auch alles ganz entspannt. Auf dem Weg dorthin sehen wir den Bären das „Wetland“ am Medicine Lake queren. Der ist aber so weit weg, dass ich selbst aus dem mit dem 300er Tele aufgenommenen Foto noch ganz schön heranschneiden muss, um überhaupt was zu erkennen. Real kam er rüber wie ein Marienkäfer, sagt Gabi.

Am Malinge Lake gehen wir ca. 1 km über den Mary Schaeffer Trail bis zu einem Aussichtspunkt - und dann wieder zurück. Hat sich gelohnt, sehr entspannt.

Jetzt aber nach Hause. Vorsichtig das Gartentor aufmachen, kurz den Vorgartenund den Garten checken - keine Bären. Das ist echt lustig: immer, wenn du das Haus verlässt, lugst du kurz aus der Haustür - Blick links, Blick rechts: keine Bären: go!

Wir überspielen nur kurz die Fotos aufs Macbook, dann starten wir schon Richtung Abendessen. Wir wollen heute früher unser Glück versuchen, vielleicht ist es dann nicht so voll in der Jasper Brewing Company. Erfolg! Wir bekommen die beiden letzten Plätze draussen. Sechs eigene Biere vom Fass stehen auf der Karte - ich nehme alle! Wirklich, aber als Bierprobe. Das sind 6 kleine Gläser, davon 2 mit IPA-Bieren; ein Stout gibt es auch. Lecker, sehr herb und abwechslungsreich. Und: ungewöhnlich! Bei einem Bier wurde Honig und Koriander im Brauprozess hinzugefügt. Und wer es besonders „Citrus“ mag, kann ein IPA bekommen, das von einem Mandarinenbier „getoppt“ wird. Eine Mischung also. Nichts für schwache Reinheitsgebotsenthusiasten.

Gabi trinkt wieder mal ein Cider und nimmt „Fish & Chips“ dazu. Ich bekomme nochmal eine riesige Nacho-Pfanne. Lecker!! Auf dem Rückweg kaufen wir im Liquor-Store noch eine kleine Flasche Tanqueray-Gin. Daraus nehmen wir gleich ein kleines Gläschen auf der Bettkante. Das ist bestimmt gut nach der Fettattacke beim Abendessen.

Jetzt ist alles geschrieben und bearbeitet. Gerade habe ich noch mit einem lieben Freund telefoniert, der mit seinem Bruder in Nieukerk die Nacht zum Tag gemacht hat. Ganz liebe Grüße in die Heimat an alle!! Uns geht es bestens!

Tagesetappe: 154 Kilometer
Übernachtung: B & B Kiran Accommodations, 225 Bonhomme Street, Jasper, AB T0E 1E0

"This is Canada to us!"

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Jürgen auf dem Berg Trail, Mount Robson PP, British-Columbia

Um ca. 08:30 Uhr starten wir ins nächste Abenteuer. Vorher einen schnellen Kaffee auf dem Zimmer, Sachen packen und ab gehts. Tür auf - links, rechts, immer noch kein Bär - Klamotten ins Auto uns los. Brrr - 1 Grad über Null, sehr frisch. Es ist unverkennbar: der Winter naht in den Rockies. Denen kehren wir heute den Rücken, kommen aber in gut 2 Wochen nochmal wieder und dann müssen wir rüber kommen - mal sehen!

So ganz können wir uns aber noch nicht trennen vom Jasper NP. Ganz in der Nähe liegt der Pyramid Lake und da wollen wir in der Frühe doch noch mal eben vorbeischauen. Nach 8 Minuten sind wir schon am vorgelagerten Patricia Lake und weitere 2 Minuten Fahrtzeit sind es dann noch bis zum Pyramid Lake. Es ist früh, es ist kalt, kaum jemand ist unterwegs. Leichter Nebel wabert übers spiegelglatte Wasser. Tja Georg, ich weiß nicht, woran es liegt, aber die Seen liegen wieder so ruhig da, obwohl ein Kanu kreuzt. Traumhaft!

Zurück in Jasper tanken wir kurz, nehmen Kaffee in unseren Yeti-Bechern mit und ebenso ein paar Sandwiches fürs Frühstück.

Über den Yellowhead Highway erreichen wir die Passhöhe (1.131 m). Es ist der am niedrigsten gelegene Pass hier in den Rocky Mountains und er ist gleichzeitig Wasserscheide. Auf der Passhöhe passiert vieles gleichzeitig: wir wechseln von Alberta nach British-Columbia, damit wechseln wir auch die Zeitzone (und sind ab sofort 9 Stunden hinter Deutschland zurück) - und zu guter Letzt wechseln wir hier auch vom Jasper NP in den Mount Robson Provincial Park (PP). Keine Frage: auch hier gibt es einen See. Der Yellowhead Highway wird uns heute bis Clearwater begleiten. Übersetzt heißt das in Etwa „Blondschopf-Highway“.

Die Ursprünge des Yellowhead Highway gehen zurück auf das Jahr 1819, als der Trapper und Irokese Pierre Bostonais (1805–1827) mit dem Kosenamen „Blondschopf“ von der Hudson’s Bay Company als Führer durch die kanadischen Rocky Mountains angeheuert wurde. Der heute als „Yellowhead Pass“ bekannte Übergang diente den hier siedelnden indigenen Völkern seit langer Zeit als Handelsroute, die bei den frühen Expeditionen genutzt wurde, doch erst die Errichtung der Eisenbahnlinie der Grand Trunk Pacific Railway führte zur Erschließung des Gebiets. Heute sind wir hier.

Vorbei am langgestreckten Moose Lake erreichen wir das Visitor Center des Mount Robson PP. Der Mount Robson ist mit 3.954 der höchste Berg in den kanadischen Rocky Mountains. Sein schneebedeckter Gipfel vor blauem Himmel haut uns echt aus den Socken. Überhaupt: was haben wir bisher für ein Glück mit dem Wetter? Heute ist der perfekte Tag. Zwar ist es noch sehr frisch, aber die Farben knallen einfach nur. Ob es das Herbstlaub, der Himmel oder die Farben in den Flüssen und Seen sind - der Sättigungsregler steht auf Rechtsanschlag - und das ohne Bildbearbeitung. Hier vom Visitor Center hat man echt den besten Blick auf den majestätischen Berg.

Wir hatten offen gelassen, ob wir hier eine Wanderung machen. Der „Berg Trail“ ist insgesamt 29 km lang, wurde aber letztens durch Lawinen und Erdrutsche unbegehbar gemacht. Der Wiederaufbau findet in 3 Phasen bis Ende 2025 statt. Das erste Teilstück (5 km) bis zum Kinney Lake ist gerade fertig geworden. Bei dem Wetter können wir nicht anders: wir stiefeln los.

Einsam ist es hier; wir wandern durch dichten, z.T. schummrigen Wald, der oft an Regenwald erinnert mit seinen Moosen und Farnen. Auch Redwoods gibt es hier. Dann bricht der Wald auf und vor uns liegt der imposante Mount Robson im gleißenden Sonnenschein. Wir bimmeln vor uns hin - keine Bären- und Menschenseele ist zu sehen. Später tauchen einzelne Wanderer auf; alle sind ernsthaft unterwegs, keine Fellpantöffelchen. Der Weg führt immer am tosenden Fraser River entlang.

Nach gut 4,5 km erreichen wir den Kinney Lake - und wieder spiegelt sich die Welt im See. Wir machen einige Bilder, gehen am Ufer entlang und genießen die Schönheit der Natur. Zwei übermütige Jungs springen ins eiskalte Wasser. Nochmal: brrrr ….

Auf dem Rückweg kommt uns ein Paar mit fünf Huskies entgegen. Herrliche Tiere. Die fahren im Winter bestimmt Schlitten mit den beiden. Wir ziehen die Jacken aus - in der Sonne ist es jetzt richtig heiß. Nach gut 2,5 Stunden haben wir die Strecke geschafft und sind zurück am Auto. Fast 10 km waren das, bergig, aber super zu gehen.

Nun liegen weitere 2,5 Stunden Fahrt vor uns. Der Weg ist das Ziel und mit 100 km/h rollen wir entspannt nach Westen. Das Panorama vor uns: endless Highway - fantastische Bergkulisse - ein Genuss! Genau so haben wir uns Canada vorgestellt - sagenhaft!

In Clearwater machen wir Stopp am Visitor Center. Hier wird der Tagesplan für morgen bestätigt. Unsere Planungen sind machbar. Wettervorhersage: 27 Grad Celsius.

Wir beziehen unser großzügiges Zimmer und sind 15 Minuten später schon wieder unterwegs: wir benötigen dringend neues Wasser. Und wir kaufen unser Abendessen im Supermarkt. Heute geht es mal ganz gemütlich und ohne Trinkgelder zu, denn wir haben einen Balkon. Dort verspeisen wir ein 3-Gänge Menü: als Vorspeise gibt es Nan-Brot mit Dip sowie Whiskey-Pepper-Räucherlachs. Als Hauptgang folgt Mac’n Cheese mit Chicken-Wings und Coleslaw und zum Nachtisch frische Ananas mit einem Gin-Tonic. Es könnte uns schlechter gehen! Muss aber nicht, wir haben Urlaub! Bis morgen!

Tagesetappe: 154 Kilometer
Übernachtung: Quality Inn & Suites Clearwater, 360 Eden Road, Clearwater, BC V0E 1N2

Mission: Genuss!

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Gabi in der Mission Hill Vinery, West-Kelowna, British-Columbia

Die wesentlichen Themen heute: sensationelle Sandwiches und Ribs, Lachs (freischwimmend im Wasser) und: Wein - besser: das unglaublichste Weingut, das ich je gesehen habe! Im Großen und ganzen geht es also um Genuss. Und was das mit der „Mission“ auf sich hat, erfahrt ihr weiter unten.

Die Nacht im Sandman Inn war viel besser als erwartet. Vor allem war sie wieder lang. Das tut uns gut! Ich werde wach und denke: ob das Regen ist, der dort prasselt? Ich will’s nicht wissen, stecke mir die AirPods ins Ohr, mache eine Morning-Meditation an und die Augen wieder zu.

Einmal aufgestanden sind wir fix reisefertig. Die Wolken hängen sehr tief in den Bergen, die Strecke ist aber genau so atemberaubend schön wie gestern. Der BC-Hwy. #3, der uns auch gestern schon durch den Manning PP geführt hat, heißt „Crawsnest Highway“ - wir befahren also den „Krähennest-Highway“. Passender Name: rauf und runter, kreuz und quer geht die wilde Fahrt. Zwischendurch etwas Sonne. Wir haben es nicht eilig und beschließen, nicht die Umgehungsstraße von Keremeos zu nehmen, sondern mitten durch den kleinen Ort zu fahren - vielleicht finden wir Frühstück? Den KIA stellen wir am Straßenrand ab und schlendern einige Meter die Straße hinauf. Da: ein ganz kleines Cafe, direkt gegenüber! Gabi schnappt sich unsere Yeti-Becher, so benötigen wir schon mal keine Einwegbecher für den Kaffee. „KoolBeans“ heißt das kleine Cafe und die Inhaberin ist sehr nett. Zwei Cafe Latte bereitet sie flugs in die Yetis. Boh, ist der Kaffee lecker!! Dann noch zwei Sandwiches? Klar! Wir suchen das Brot aus, als Belag wählen wir Peperoni (das ist die scharfe italienische Salami) und Mozarella. Warm machen? Klar! Sie packt mein Ciabatta und Gabis Mehrkornsandwich in den Kontaktgrill. Inzwischen schneidet sie Tomaten etc. frisch auf. Kommt alles drauf: Salat, Gurke, Tomate, Zwiebeln, sogar frische Kräuter. Das ist ein richtig gutes Frühstück - frischer geht nicht!!

Zwischenstopps an einigen Viewpoints (mit Anglern) - die Wolken hängen immer noch tief. Dann erreichen wir vier Kilometer vor Peachland den „Hardy Falls Regional Park“. Ab Mitte September wimmelt es hier vor Kokanee Salmons, die bachaufwärts zu einem Pool unterhalb eines Wasserfalls schwimmen. Der ca. 1 km lange schattige Weg dorthin lohnt sich als als Kurzwanderung; das hatten wir ebenfalls bereits zu Hause rausgesucht. Und wirklich: im Fluss wimmelt es von Lachsen. Die sind z.T. rot und nicht so groß wie im Wells Grey PP (Mensch, fast 14 Tage ist das schon her: „fish are jumping …“). Und sie stehen immer vor und hinter den Stufen, die sie hinaufspringen müssen. Haben sie ein Stück geschafft, ruhen sie sich im „Windschatten“ eines Steins oder im Wasser liegenden Baumstamms aus. Was für eine körperliche Anstrengung! Wir genießen auch das Wanderung im leichten Gelände, viele Brücken überqueren den Bach und ermöglichen den Blick auf die fleißigen Lachse. Am Ende: ein kleiner, aber feiner Wasserfall. Sehr gut!

Vor Kelowna fahren wir dann komplett durch die Wolken. Es regnet heftiger. Einmal angekommen, wird es aber wieder besser. Wir stoppen kurz im City-Park, der sehr schön gelegen ist und neben ganz viel Grün auch „Washrooms“ zu bieten hat. Während Gabi dort ist, fotografiere ich die kleinen, putzigen Squirrels.

Da es noch früh ist und das Wetter noch nicht so toll halten wir noch am „Orchard Park“, dem größten Shoppingzentrum zwischen Rocky Mountains und Vancouver. Kelowna ist größer, als wir dachten! Wir schlendern dort herum und bewundern vor allem das riesige Angebot im Outdoor-Geschäft. Hier bekommst du alles, was du in der Wildnis oder zum Fitnessport benötigst.

Wir fahren zum Hotel. Und hier erlebe ich wieder diese „Franz-Nummer“. Am Check in ist man sich sicher, dass wir kein Zimmer reserviert haben. Unser Name steht nicht auf der Liste. Ich bin mir aber ganz sicher und lasse mich auch nicht aus der Ruhe bringen. Er möge doch bitte mal „Juergen“ als Nachname suchen und Franz als Vornamen. Treffer! Wir haben unser Zimmer. Ich erkläre ihm lachend die Zusammenhänge und er versteht! Ich kann mich nur wiederholen: gebt euren Kindern bitte internationale Namen (ohne Umlaut!) Und wenn es denn unbedingt zwei Vornamen sein müssen, dann setzt bitte den Rufnamen nach vorne! Das erspart euren Kindern später im Urlaub diese Situationen, dass sie nicht wissen, wie sie heißen (bzw. auf Passagierlisten, bei Hotelreservierungen etc.) geführt werden.

Das Zimmer ist super, der Tag ist noch jung, es ist trocken - ab jetzt wird es wieder besser (?). Also raus in die Natur. Die Sylvia hat mir den Tipp gegeben, unbedingt das Weingut „Mission Hill“ zu besuchen. Kelowna liegt im Okanagan Valley am gigantisch großen Lake Okanagan. Das Klima ist regelmäßig eher mild und Weinanbau ist hier Tradition. Also: Navi programmieren, 30 Minuten Fahrt und schon sind wir auf dem „Mission Hill“ im gleichnamigen - nun ja, nennen wir es mal „exklusiven“ - Weingut. So was habe ich echt noch nicht gesehen. Bei „Mission“ kann man ja leicht auf eine Verbindung zu „Kirche“ kommen. Passt! Schaut euch einfach die Bilder an - traumhaft. Die Lage und die Ausblicke von hier sind außergewöhnlich, Kunst am Bau und der Gesamteindruck tun ihr Übriges. Nice!! Genuss wird auch hier groß geschrieben.

Jetzt fahren wir wieder zum City Park, stellen unseren KIA für kleines Geld (hier bezahlst du auch 1,25 $ mit ApplePay) ab und erobern Downtown. Vorher gucken wir aber noch schnell an der Waterfront Promenade und im Visitor Center vorbei. Schließlich will der morgige Tag vorbereitet sein.

Downtown ist übersichtlich - viele Kneipen und Restaurants (die 1.000 Geschäfte sind ja bei den Malls am Stadtrand). Wir entscheiden uns für das „Memphis Blues BBQ“ - eine gute Wahl, eine SEHR gute! Das Lokal gehört zu den Top-10 BBQ in Canada! Bier vom Fass wie gewohnt, dafür heute aber mal Strawberry-Cider für Gabi. Mein Bier heißt „Memphis Blues Whiskey Amber Ale“ und war 4 Wochen in Whiskey-getränkten Okanagan-Bourbon-Barrels. Was es nicht alles gibt! Wir nehmen ein halbes (!) Rack Ribs mit Fries, Cole Slaw, und BBQ Beans und dazu einmal „Ribends“ - die wir noch nicht kennen. Das Fleisch kommt aus dem Smoker, der die Hälfte der offenen Küche einnimmt.

Leute -das war unfassbar gut! Ich habe schon viele Ribs gegessen. Aber diese hier und besonders die Ribends fielen von alleine auseinander. Ich musste das mit den Fingern essen. Das Fleisch konntest du zwischen den Fingern zerfasern und es flutschte nur so vom Knochen. Extrem „juicy“ war es zudem. Dann in diese rauchige, recht flüssige BBQ-Soße tauchen und einfach - genießen. Dazu im Hintergrund coole Blues-Musik und ein beeindruckendes Regal mit „Spirits“. Georg - das ist deine Kneipe (wegen der Musik!). Morgen soll es sogar Live-Musik um 17:00 Uhr geben. Chance auf Wiederholung: 98%.

Bis morgen - gute Nacht!

Tagesetappe: 220 Kilometer
Übernachtung
: Microtel Inn & Suites by Wyndham Kelowna, 365 Mills Road, Kelowna, BC V1X 4G9

Es hätte auch ein Bär sein können ...

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Jürgen auf dem Paul's Tomb Trail, Knox Mountain, Kelowna, British-Columbia

Super Zimmer, die Nacht war gut, aber der Straßenlärm von draussen ist doch recht laut bei geöffneten Fenster - auch im dritten Stock noch. Gut, der BC-Hwy. #97 führt sechsspurig direkt am Hotel vorbei. Das hat auch Vorteile. Die nutzen die Rettungswagen auch, die gefühlt stündlich hier vorbeiorgeln.

Heute bekommen wir Frühstück und Gabi hat gestern schon bei Einchecken mit Kenner(innen?)blick festgestellt, dass es hier einen Pfannkuchenautomaten gibt. Den nutzt sie natürlich heute, während ich zu Hashbrowns, Rührei, Cevapcici und Toastbrot greife. Kaffee aus den Yetis, O-Saft und Joghurt sind obligatorisch.

Um kurz nach neun fahren wir los. Die Sonne scheint und der Tag liegt vor uns. Wir fahren zu Downtown und von dort ein paar Blocks weiter. Hier schließt sich direkt am See der Knox Mountain an. Einer der ersten Siedler war ein Schotte: Arthur Booth Knox. 1883 kaufte er eine große Menge Land inklusive des Teils, der heute die Stadt Kelowna umfasst. Zu seinen Ehren wurde der angrenzende Berg, der herrliche Ausblicke über den Lake Okanagan bietet, benannt.

Das Auto ist schnell abgestellt und schon erklimmen wir den Apex Trail. Steil ist der, die ersten Schweißperlen rinnen. Bevor wir zum ersten Aussichtspunkt kommen, sind zahlreiche Treppenstufen zu erklimmen. Puh - verschnaufen und die Aussicht genießen. Diese reicht über die Stadt bis hin zu der interessanten Brücke, über die wir gestern zwei mal gefahren sind.

Ab dort entscheiden wir uns für den „Paul’s Tomb Trail“. Der ist nicht ganz so steil, führt aber auf seiner Länge wieder ans Wasser zurück. Zuvor aber haben wir Spaß an dem guten Wetter und der tollen Aussicht über See und Landschaft. Es sind wieder mal nicht viele Leute unterwegs hier. Auffällig sind die sehr sportlichen Joggerinnen und die (vornehmlich) Frauen, die ihre Hunde hier ausführen.

Am Endpunkt treffen wir die zwei älteren Paare wieder, die wir bereits am Parkplatz begrüßt hatten. Es ergibt sich eine nette Plauderei über unsere Reise, deren Verwandtschaft in Germany und schließlich bekommen wir noch ein Foto von uns beiden fürs Archiv.

Ein paar Ecken weiter ergibt sich eine gute Gelegenheit für ein Foto. Der Weg macht eine scharfe Biegung und die Aussicht auf den See ist toll. Gabi nimmt die Nikon, ich schmeiße mich in Positur. Plötzlich schießt ein lebhafter Hund um die Ecke und saust genau an mir vorbei. Im Moment, als Gabi abdrückt, haben wir das beide noch gar nicht realisiert. Mein erster Gedanke: „das hätte auch ein Bär sein können …“. Auf deren Vorhandensein wurde natürlich zu Beginn des Trails mal wieder fürsorglich hingewiesen. War es nicht - der Hund war auch friedlich.

Am Ende waren das knapp 7 km in zwei Stunden. Wunderbare Wanderung. Am Horizont wird es allerdings recht dunkel - da wird doch kein Gewitter heranziehen? Egal! Das nächste Ziel ist der Mission Hill Regional Park ganz in der Nähe unseres Hotels.

Eine Schulklasse Kinder bekommt hier Unterricht im Freien. Wir packen unsere Regenjacke in den Rucksack und nehmen spontan den „Turtle Pond Trail“. Der führt uns nach einiger Zeit erwartungsgemäß zu einem Teich - von Schildkröten ist hier allerdings nicht viel zu sehen. Dafür wandern wir wieder durch einen imposanten Wald.

Das Wetter wird uns jetzt doch zu unsicher. Wir fahren zu Hotel und machen erst mal eine Mittagspause. Erstaunlich, wie viel ich im Urlaub schlafen kann. Dann mache ich mich schon mal über die Fotos her und Gabi bereitet die Koffer schon mal für die Rückreise vor. Wer weiß, wie die Bedingungen in den nächsten beiden Unterkünften sind und ob wir dann Zeit für sowas haben. Jetzt ist sie da.

An dieser Stelle muss ich nochmal betonen, wie perfekt Gabi so eine Reise für uns vorbereitet. Immer ist das richtige Werkzeug oder das passende Equipment zur Hand. Sie hat an alles gedacht und es ist Genuss, so komfortabel verwöhnt zu sein. Danke dafür - einmal mehr. Das ist mehr als sensationell!

Um 17:00 Uhr wollen wir gerne im Memphis Blues BBQ sein. Dort ist heute Live-Musik und das Essen von gestern muss ergänzt werden. Vater hatte schon per Mail zurückgemeldet, dass ihm bei den Fotos von gestern das „Kinnwasser“ zusammengelaufen ist. Heute gibt es Nachschub! Superpünktlich sind wir vor Ort, belagern unsere Booth von gestern und bestellen. Ich nehme mal wieder das Whiskey-Amber, Gabi ein alternatives Cider. Ansonsten machen wir es wie gestern, tauschen nur die Ribs gegen „Slices of Brisket“ aus. Es ist ein Traum! So zartes Fleisch, aus dem der Saft nur so raus tropft. Dazu die herrliche, warme BBQ-Soße. Das ist echt der Hit!

James Hay („Electric Blues“) hat inzwischen aufgebaut. Ich unterhalte mich etwas mit ihm und bewundere seine beiden Gitarren: eine bordeauxrote Gibson und ein Art „Dobro“ von Gretsch, die er im open Tuning gestimmt hat. Er zeigt mir ein paar Slides und ich ahne jetzt schon: der hat was auf dem Kasten! Als er beginnt, wechseln Gabi und ich zur Theke und Gabi zu einem „Memphis Paloma“ (Tequilla & Jim Beam Black mit frischem Grapefruit-Saft, Zitronensaft und Salzrand). Ich muss mich zurückhalten, weil ich noch fahren muss - ansonsten wären wir hier ziemlich versackt.

James spielt coolen Blues, völlig laid back - ich kenne jemanden, der würde sagen: „Der pinkelt Eiswürfel!“ Richtig, richtig gute Mucke. Robert Johnson etc. hat er drauf - es ist ein Genuss!

Irgendwann müssen wir dann doch los, draussen ist es schon dunkel. Die „Sails“ am Hafen werden bunt beleuchtet und der City Park ist fast menschenleer. Gestern war hier noch eine große Gruppe junger Leute am Start; sie vergnügten sich mit Slack-Lines. Heute frönen hur noch 2 x 2 junge Menschen mit Skateboards und Tennisschlägern ihrem Sport.

Gut zu Hause angekommen ist jetzt auch das Tagebuch geschrieben. Gute Nacht - es warten noch 2,5 hoffentlich erlebnisreiche Tage vor uns. Die Wetteraussichten sind leider schlechter geworden seit vorgestern. Aber was sind schon Aussichten? Der Tag zählt und der nächste liegt noch vor uns. Ich freue mich drauf!!

Tagesetappe: 32 Kilometer
Übernachtung
: Microtel Inn & Suites by Wyndham Kelowna, 365 Mills Road, Kelowna, BC V1X 4G9

The Last Spike!

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Wichtige Menschen beim "The Last Spike", Craigellachie, British-Columbia

Der letzte Nagel ist noch nicht eingeschlagen zu unserer Reise. Aber so mach anderer machte heute von sich Reden:

Die Nacht war mittelprächtig. Letzter Urlaubstag und damit kreisen die Gedanken nachts schon wieder um die Arbeit. Sollen sie nicht, noch ist Urlaub! Frühstücken, packen und ab. Das Wetter ist sehr wechselhaft, unterwegs gibt es Regen und Sonne abwechselnd oder auch gemeinsam. Das ist hier so.

Unser erster Stopp nach einiger Fahrtzeit ist in Craigallachie (nein nicht die schottische Destille, sondern ein Ort am BC-Hwy-#1, dem Trans-Canada-Highway). Hier gibt es einen „Historic Marker“ und zwar den „Last Spike“. Eines der Mammutprojekte zur Verbindung des atlantischen und pazifischen Canada war der Bau der allerersten Schienenstrecke, von „Sea to Sea“. Fortan konnten Personen und Güter mittels Eisenbahn transportiert werden. Fast 5.000 Kilometer lang war diese Strecke und am 07.11.1885 wurde hier, genau hier der allerletzte Nagel eingeschlagen. Aufgabe erfüllt. Einige Gedenktafeln, eine paar originale Schienenstücke etc. erinnern heute noch an diese Meisterleistung. Was muss das für ein planerischer Aufwand gewesen sein und wie viel Schweiß und Kraft muss es gekostet haben, die ganzen Nägel über diese Strecke an die Schienen zu schlagen. Respekt!!

Und womit wir nicht rechnen können: plötzlich rast eine Lok auf der aktiven Strecke neben dem Zaun heran. Kamera hochgerissen, abgedrückt, passt! Es ist nach unseren Maßstäben unvorstellbar, wie viele Wagons so ein Zug zieht. Heute waren es mindestens 100, wenn nicht 150.

Wir erreichen Revelstoke und endlich scheint auch wieder die Sonne. Nach einem kurzen Besuch im Hotel (wir sind natürlich viel zu früh und die Zimmer sind noch nicht fertig) fahren wir in den Mount Revelstoke NP. Eine 24 km lange Straße führt in sanften Schwingungen hinauf zum Gipfel. Die letzten 4 km sind aber heute gesperrt - oben schneit es und es ist „icy“.

Wir lassen es ruhig angehen und folgen den Tipps der freundlichen Dame im Eingangskiosk. Auf die Bären sollen wir achten - jaja, das kennen wir ja schon, die lassen sich ohnehin nicht sehen. Dennoch ist das Bearspray beim ersten Trail fest an Gabis Seite. Wir erkunden die Gegend, in der am 08. und 09.02.1921 (!) Skisprungwettbewerbe durchgeführt wurden. Überragende Figur: der Kanadier Nels Nelson! Unsere Erwartungen sind nicht sehr hoch, werden dann aber übertroffen. Zum Einen ist die Aussicht von hier wirklich famos. Zum anderen haben sie an der Absprungstelle einen 1/3 Skispringer montiert und zwar so, dass man sich in ihn wie in eine Schale hineinlegen kann und dann den freien Blick der tollkühnen Recken hat: ins Nichts nach unten.

Das kostet schon einiges an Überwindung, sich so vornüber zu legen und sein ganzes Gewicht in die Schale zu geben. Hui! Wir machen Fotos, die nicht im mindesten den Nervenkitzel wiedergeben können, den wir beide hatten. Sehr cool! Cool sind auch die Temperaturen, aber mit Sonnenschein kann ich sogar zeitweise im T-Shirt gehen. Auch hier finden wir die Moose in den Bäumen. Das ist ein gutes Zeichen für ausgezeichnete Luftqualität, hat uns letztens ein Guide erklärt. Ja, die frische Luft in dieser Menge werde ich sehr vermissen, wenn wieder „Büro“ angesagt ist.

Ein paar Kilometer weiter ist der nächste empfohlene Trailhead. Wir sind auf dem „Broken Bridge Trail“ der uns - Nomen est omen - zu einer verfallen Brücke führt. Die ist eher unspektakulär. Der steile Steig dorthin hat es aber in sich, eröffnet aber auch wieder einige Tiefblicke. Als wir starten: purer Sonnenschein. Nach gut 10 Minuten: immer noch Sonnenschein, aber jetzt inklusive Regen. Aus dem wird irgendwann Schneeregen und dann ist auch die Sonne weg. Schnell zurück zum Wagen. Der Mix bleibt. Gut, dass wir vernünftige Klamotten dabei haben und auch immer was zum Wechseln.

Wir fahren noch einige Viewpoints am Meadows-In-The-Sky-Parkway an und genießen die Gegend und die Herbstfarben. Der Blick in den weiten Taleinschnitt, durch den wir heute vormittag gekommen sind, gefällt mir besonders. Ich kann sogar einen Teil der Straße sehen.

Abschließend fahren wir noch zum Revelstoke Dam - ein Kurzbesuch, bei dem Gabi noch eben so auf einen verrosteten Truck klettert, der hier rumsteht. Hier ist schon Saisonschluss - wie auf den Trails sind wir hier komplett alleine.

Wir fahren zum Hotel, checken ein und ich mache mich über die Fotos her. Gabi geht noch etwas herum und macht im Abendlicht Fotos von der Brücke, über die wir eben gefahren sind.

Besonderer Service des Hotels: es gibt einen Shuttle nach Downtown. Das ist prima, so muss ich nicht mehr fahren heute. Das Lokal ist schnell gefunden: „One Twelve“ oder „112“. -der Name ist doch Programm für mich. Wir meiden das feine Restaurant und nehmen die nächste Tür: ein Pub. klasse! Hier sind wieder eindeutig die Einheimischen am Start. Wir bestellen Bier (ich hatte heute ein „Tall Timber Brown Ale“ und ein „Attila The Honey“), Cider und Burger. Ich muss gar nicht lange überlegen, denn es gibt den „Last Spike Burger“, der mit Jalapenos auch genau meinen Geschmack trifft. Zum Nachtisch gönnen wir uns auch erstmals einen kanadischen Whiskey. Tastingnotes wie zu erwarten: Vanille, Vanille, Vanille!

Wir sitzen direkt bei den jungen Leuten, die Pool-Billard spielen und fühlen und komplett zurückversetzt in die 1980er: Vokuhila ist wieder in und Locken sowie Schnautzbärte auch. In den 80ern haben wir auch Pool gespielt - und wir und unsere Freunde sahen denen hier ganz schön ähnlich. Nur Dutt und Basecap war damals noch nicht in. Schön, so mittendrin dabei zu sein.

Der Shuttle muss nur geordert werden und schon fahren wir entspannt zurück ins Hotel. Jetzt gibt es noch eine schlechte Nachricht. Im Shuttle erfahren wir im Gespräch mit einem Kanadier, dass der Hwy #1, der uns morgen zu unserer letzten Unterkunft in den Yoho NP bringen soll, bis zum 06.10. wegen Bauarbeiten komplett gesperrt ist. Das bedeutet für uns morgen einen Umweg von über 200 km (in Deutschland wäre sowas undenkbar - hier gehört es dazu). Damit haben wir eine Fahrtzeit von fast 5 Stunden anstelle von 2:20. Uff - einziger Trost: die Umwegstrecke ist auch traumhaft schön.

Um das zu verifizieren rufe ich kurz in der Emerald Lake Lodge an: Bestätigung, ja - es tut ihnen leid - es gibt keine Alternative! Gut, das jetzt schon zu wissen und nicht morgen auf der Fahrt davon überrascht zu werden. So können wir uns darauf einstellen. Blöd ist, dass wir zusätzlich auch eine Stunde durch die Zeitverschiebung dorthin verlieren. Egal - wir machen das beste daraus. Früh aufstehen, frühstücken und dann frisch ans Werk: über den Glacier NP und den weiten Umweg in den Yoho NP. Die Lodge soll traumhaft sein!! Allein dafür lohnt es sich!!

Tagesetappe: 247 Kilometer
Übernachtung
: Stoke Hotel in Revelstoke, 1911 Fraser Drive, Revelstoke, BC V0E 2S0

Grand Finale: Emerald Lake Lodge

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Jürgen am Emerald Lake, Yoho NP, British-Columbia

Das Stoke Hotel in Revelstoke ist wirklich sehr zu empfehlen! Klein, fein und besonders. Das betrifft auch den Frühstücksraum, der ganz ohne Fernseher, dafür aber mit perfektem Diner-Ambiente in Türkis daher kommt. Und: kein Einmalbesteck u.ä. - alles wird gespült und wieder verwendet.

Drei Dinge habe ich noch nachzutragen von den vergangenen Tagen: Wir haben bereits am Mittwoch nach den leckeren Ribs getankt und hofften, dass dies die letzte Tankfüllung war (da wussten wir noch nichts vom großen Umweg heute). Tanken kommt hier in Canada einem Formel-1-Pit-Stop gleich: ranfahren, iPhone an die Zapfsäule halten, Noozle in den Tank stecken und voll machen. Quittung bestätigen, entnehmen und ab dafür. Gefällt mir sehr gut!

Gestern Abend im „112“: wir haben uns einen schönen Platz gesucht beim Pool-Tisch. Die Klimaanlage war dort aber so kalt eingestellt, dass wir die Jacken anziehen mussten. Selbst ich, der hier in der Sonne bei einstelligen Temperaturen im T-Shirt unterwegs ist musste kapitulieren. So kann man auch ans kälteste „Beer in town“ kommen: Einfach die ganze Bude auf Kühlhaus runter regeln und schon bleibt das Frischgezapfte lange kalt. Brrr.

Und drittens: seit ca. 2 Wochen weisen Schilder auf allen Highways darauf hin, dass ab 01.10. Winterreifen Pflicht sind. Das ist morgen, ich gehe mal davon aus, dass die Reifen auf unserem nagelneuen KIA noch ok sind bis zum Airport. Schneien sollte es aber dennoch nicht heute Nacht - ausschließen möchte ich das nicht.

Unser Wecker stand auf 06:45 Uhr - daher sind wir um 07:45 Uhr unterwegs. Das ist akzeptabel inkl. Frühstück in unserem Alter.

Es ist ungewöhnlich, so früh auf der Bahn zu sein. Die Wolken hängen extrem tief und wir fahren teilweise hindurch. Fotos bieten sich einfach nicht an in dieser Situation und wir genießen die ruhige Fahrt. Es geht wieder über den TCH (#1), diesmal durch den Glacier National Park. Dieser hat 400 Gletscher, die aber nur bei Wanderungen ins Hinterland zu sehen sind. Über 10% seiner Fläche liegt auch im Sommer unter Eis und Schnee. Heute rollen wir nur durch.

So machen wir Kilometer um Kilometer. Die hohen Berge vor uns sind von Schnee bedeckt, wenn sie aus den Wolken auftauchen. Die Landschaft ist spektakulär während des gesamten Tages, die Fahrt an sich ist easy going. Außer einem toten Biber auf der Fahrbahn (sehr frisch, tadellos im Fell) nichts aufregendes.

Der BC-TCH #1 ist hinter Golden Richtung Yoho NP komplett gesperrt. Gut, dass wir das gestern schon herausgefunden haben und so zeitig unterwegs sind. Also fahren wir weiter bis Radium Hot Springs. Dort zweigt der Weg wieder Richtung Norden ab. Ein Hinweis: nächste Tankstelle: 133 km! Das muss man sich mal vorstellen: im Umkreis von 133 km hast du keine Möglichkeit, nachzutanken. Nirgendwo - no chance! Für unsere Verhältnisse unvorstellbar! Und zusätzlich: die nächsten 120 km kein Mobilfunk! Mein KIA behauptet, noch Sprit für 142 km zu haben. Das wäre eine „Reserve“ von 9 km. Nunja - für mich ist das zu knapp bemessen, denn ich kenne das Gelände nicht, durch das wir fahren werden. Zu viele Steigungen und dann war es das mit Autofahren.

Wir drehen um, fahren den Kilometer zurück bis zum „Roundabout“ (Kreisverkehr) in Raduim und tanken bei Esso. Kaum fertig sehe ich Gabi, wie sie eine Herde wechselnder Bighorn-Sheep ablichtet. Die sind hier mal eben durch den Kreisverkehr gestiefelt, getreu dem Motto: „wir haben Vorfahrt!“

Ab jetzt fahren wir über 100 km durch den herrlichen Kootenay NP. Stopps gibt es nur wenige, gute Möglichkeiten für Fotos noch weniger. So erreichen wir bei Banff wieder bekanntes Terrain, hier schließt sich die Runde. Für uns gilt es aber heute noch weiter zu fahren und den bislang unbekannten Yoho NP zu erkunden. Das Wetter ist weiter durchwachsen, aber nun weitestgehend trocken. „Yoho“ stammt aus der Sprache der Cree-Indianer und bedeutet „Staunen“, „Bewunderung“. Das trifft genau auf den spektakulären Yoho National Park zu. Er liegt am Hauptkamm der Rocky Mountains und gehört zusammen mit dem Banff National Park und fünf weiteren Parks zum UNESCO Weltkulturerbe.

Ein erster Stop gilt einem Viewpoint und zwar auf einen der „Spiral Tunnels“. Die Aussicht ist weniger beeindruckend als die Geschichte dahinter. Aber nur kurz: es handelt sich hier um zwei sog. „Kehrtunnel“ der transkontinentalen Canadian Pacific Railway (CPR). Diese galten bei Eröffnung 1909 als technische Meisterleistung, denn sie reduzierten durch die längere, in Schleifen verlaufende Streckenführung die gefährliche Steigung von 45% am Kicking Horse Pass auf „nur noch“ 22%.

Wir biegen ab und zwar auf die Yoho Valley Road, welche durch ein 13 Kilometer langes, enges Tal zu den Takakkaw Falls, die mit 254 Metern freiem Fall die zweithöchsten Wasserfälle Westkanadas sind, führt. Allein diese Fahrt muss man erlebt haben. Ganz enge 180-Grad-Kehren - mit Gegenverkehr geht hier nix. Daher: Augen auf und wachsam sein. Die Falls sind sehenswert, die anderen Besucher, vornehmlich Asiaten machen schon komische Sachen. Halsbrecherische Klettertouren für das perfekte Selfie, Rudelselfies mit Handy-Stick u.ä. müssen offensichtlich sein - überall!

Auf dem Rückweg liegt ganz bescheiden ein Mini-Parkplatz. Offensichtlich ein Geheimtipp, denn hier ist niemand. Es handelt sich um das „Meeting of the Rivers Confluent“, den Zusammenfluss von Yoho River (weiß) & Kicking Horse River (türkis). Direkt am Parkplatz geht es nur einige Schritte sehr steil runter zum Fluss; das ist kein offizieller Weg, er beschert uns aber auch hier ganz viel fließendes Wasser und tolle Möglichkeiten für das perfekter Foto.

Ich bin wirklich dankbar, dass wir auch diese drei Wochen wieder ohne Blessuren oder Unfall überstanden haben. Daran denke ich, als ich über die glitschigen Flusskiesel und großen Felsbrocken balanciere und klettere. Ein blöder Moment und du kannst dir schnell ein paar Knochen brechen oder mehr. Kein Spaß, erst recht nicht hier, wo du mangels Netz noch nicht mal die 911 anrufen könntest - von einer möglichen Bergung mal ganz abgesehen. Aber: es ist mal wieder sehr gut gegangen!

Jetzt aber auf zur Emerald Lake Lodge am gleichnamigen „Edelsteinsee“. Diese Location soll besonderes sein und wir möchten etwas davon haben. Dort angekommen sind noch viele Tagesgäste da. Zwischen Parkplatz und Lodge liegt eine Brücke und wer nicht weit laufen möchte macht von hier seine Fotos, im Rudel, mit Selfiestick - ihr wisst schon …

Wir gehen ohne Gepäck rüber und checken ein. Mit unseren Schlüsseln finden wir die Hütte 28 und dort das Zimmer 3 unten rechts (283). Klasse! Mit offenem Kamin im Schlafzimmer und mit Balkon (Seeblick). Das Feuerholz ist schon aufgeschichtet. Kein Netz, kein WIFI -aber ein super Zimmer. Das haben sich die CANUSA-Leute gut ausgedacht für den Abschiedsabend. Ich beschreibe auch gar nicht viel mehr - lasst die Bilder sprechen …

Wir müssen unser Auto umsetzen auf den 1 km weiter unten liegenden „overnight“ Parkplatz. Ein (24/7) Shuttle holt uns dort ab und ein Caddy transportiert unsere Klamotten und uns bis vor die Hütte. Kamera raus und los. Wir gehen ein Stück den „Emerald Lake Loop Trail“ und berauschen uns an der Farbe des Sees und den Spiegelungen. Anschließend gehen wir direkt an die Bar. Hier sitzen wir ungezwungener als im Restaurant nebenan. Bier, Bison-Burger und Nudeln sind klasse - der Kellner auch. Neben mir sitzt Thyssen, der seinen kanadischen Whisky on the Rocks, mit Soda und einem Spritzer Zitrone trinkt. Ok, da dürfte die Marke des Whiskeys nebensächlich sein (?). Wir quatschen und ich erzähle natürlich von der Whiskybotschaft und den „Fine Spirits“. Das findet er spannend!

Wir lassen es so richtig krachen heute und bestellen zum „Nachtisch“ den „Smoked Port Old Fashioned“-Cocktail: Portwein, Whiskey, Cherry-Bitter und Ahornsirup werden über Eis geschüttelt und dann (verziert mit Cocktailkirschen und Zitronenzeste) unter einer Glocke mit Ahornspänen geräuchert. Die Präsentation ist spektakulär und mit viel Firlefanz und Brimborium verbunden. Gabi hat ein Video gedreht und zur großen Freude des Barkeepers sofort nach Facebook gestellt. Der Drink war ein schöner Cocktail, fruchtig und süß, dabei (insbesondere in der Nase) etwas rauchig.

Wechsel aufs Zimmer. Vorsatz: heute ist Feuerabend (Tippfehler, sollte „Feierabend“ werden, passt aber noch besser). Keine Fotos, kein Tagebuch, letzter Abend, Kamin an.

So trinken wir bei prasselndem Kaminfeuer ein letztes Glas Wein. Das Feuerholz sieht aus wie gemalt, im Korb und draussen vor der Tür ist noch Nachschub. Ich nehme mir vor, heute Nacht immer was nachzulegen - ging schief, ich habe bei offener Balkontür und Temperaturen um den Gefrierpunkt perfekt geschlafen. Der Abend war dennoch das große Finale eines grandiosen Urlaubs!

Ich sitze hier am Airport und warte aufs Boarding. Nun werde ich mal versuchen, den Text hochzuladen. Fotos muss ich noch sichten und aussuchen. Das mache ich gemeinsam mit dem Bericht von heute in Ruhe von zu Hause aus. Kann ein paar Tage dauern - aber gerne wieder vorbei schauen (allein die Fotos vom Emerald Lake dürften das Wert sein). Das Tagesfoto hat mir Gabi gerade von ihrem iPhone geschickt, als kleinen Vorgeschmack!

Tagesetappe: 447 Kilometer
Übernachtung
: Emerald Lake Lodge, Emerald Lake Road, Field, BC V0A 1G0

All die Augenblicke …

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Gabi am TCH #1 (BC-Hwy. #1) mit den Rocky Mountains im Rücken, Alberta

Wir sind wieder gut zuhause angekommen und nun schreibe ich noch kurz auf, wie der Rückreisetag verlaufen ist und vielleicht gelingt auch ein erstes Fazit dieser aufregenden drei Wochen.

Wir haben den Wecker auf 07:30 Uhr gestellt, sind aber bereits um 07:00 Uhr auf den Beinen. Die Nacht war super, die Luft ist klar und kalt. Temperatur: 0 Grad Celsius. Da wir alles gut vorbereitet haben, sind die Koffer schnell zu und alles bis zur Lobby gefahren. Von dort bringt uns der Shuttle zu unserem Auto. Als erstes fahren wir nochmal zurück zum See, gehen nochmals ein ganzes Stück des Emerald Lake Trails und schießen Fotos vom morgendlichen See, über den der Nebel wabert. Wie mag das Bild erst sein, wenn die Wolken nicht so tief hängen und schneebedeckte Gipfel vor blauem Himmel hinter den Bäumen aufragen?

Als wir den Yoho NP verlassen, erheben sich vor uns genau solche schneebedeckten Gipfel. Die Wolken reißen auf - super Sicht; die Wolken hängen tief - das ergibt direkt ein etwas trüberes Bild.

Da wir sehr, sehr früh unterwegs sind und uns nicht zu früh am Airport einfinden wollen, lassen wir uns auch auf der Fahrt Zeit. Hinter dem Banff NP erreichen wir bald die kleine Stadt Canmore; hier sind wir weniger als eine Stunde vom Airport entfernt. Wir fahren eine Runde durch die Kleinstadt, finden eine Bäckerei und gehen rein. Dort bekommen wir zwei ausgezeichnete Cafe Latte und 2 ganz frisch zubereitete Sandwiches. Beides verputzen wir ganz gemütlich in der schönen Bäckerei, die gut besucht ist. Sehr schön!!

Auf dem weiteren Weg machen wir noch kurz Halt am Heart Creek Trailhead, weil hier die Herbstfarben wieder so schön leuchten. Im Rückspiegel habe ich anschließend immer die Rocky Mountains vor blauem Himmel. Es scheint so, als wollten sie uns „goodbye“ sagen. Leider gibt es keine Viewpoints, an denen man mal halten könnte. Aber eine Stelle, an der man Abfall entsorgen kann, gibt es plötzlich. Ich gehe in die Eisen und halte quasi am Seitenstreifen. Pferde grasen vor der herrlichen Kulisse, wir machen letzte Aufnahmen.

Am Airport sind wir dann um 14:30 Uhr. Google Maps hat uns noch um einen Stau herum geführt - wir hatten uns gewundert, warum wir mitten durch die Vorstadt gurken. Das hatte alles seinen Sinn.

Die Koffer werden wir schnell los, auch der Security-Check ist fix erledigt. Nun haben wir viel Zeit. Nachdem Duty Free und die wenigen weiteren Läden besucht sind, setzen wir uns an die Theke. Ich genieße zwei letzte „draft local beer“ und Gabi zwei Margarithas. Dabei schreiben wir beide Tagebuch - Gabi in ihrem kleinen Büchlein, ich am MacBook. So vergeht die Zeit wie im Fluge und sinnvoll genutzt ist sie auch noch.

Der Flug ist pünktlich und unspektakulär. In Frankfurt warten wir dann aber eine Stunde auf die Koffer. Durchsagen klären darüber auf, dass es Verzögerungen gibt - Willkommen in Deutschland. Ich habe Zugverbindungen gefunden, die für uns in Frage kommen und als ich weiß, wann wir fahren können, kaufe ich die Tickets über die DB-App. Kein Schnapper, aber Rail & Fly war leider über Air Canada nicht zu bekommen.

Und auch bei der Bahn ergibt sich leider das gewohnte Bild: kein Zug ohne Verspätung, angekündigt sind weitere Verzögerungen und wenn wir Pech haben, müssen wir für die RE 10 sogar den Schienenersatzverkehr bemühen. Nun ja, zumindest haben wir imposante Vokabeln für die Unzulänglichkeiten (wer zur Hölle denkt sich Wörter wie „Schienenersatzverkehr“ aus?).

Am Bahnsteig treffen wir Otto und Heike aus Nieukerk, die hier in Frankfurt das Wochenende verbracht haben. Das macht das gemeinsame Warten einfacher. Die Rückfahrt im sehr vollen ICE und mit der überfüllten RE 10 läuft dann aber wider Erwarten und entgegen der Ankündigungen recht ordentlich ab.

Um 15:00 Uhr sind wir in Nieukerk, ich flitze schnell los, hole das Auto und so sind wir dann auch zügig zu Hause. Dort ist gerade der Schornsteinfeger in der Nachbarschaft. Dem musste ich aus dem Urlaub seinen angekündigten Besuch in der vergangenen Woche absagen - jetzt ist er spontan bereit, sich schnell (uns sehr ausführlich) um uns zu kümmern. Klasse, wenn das mal kein Glück bringt!!

Den Tag bringen wir gut um und die Nacht ist für mich einigermaßen erträglich. Wir schlafen aber bis in den späten Vormittag hinein und jetzt hat uns der Jetlag voll im Griff. Es ist inzwischen Mittwoch und gleich müssen wir zur Arbeit. Seit 3 Uhr liegen wir wach - da kann ich besser Tagebuch schreiben mitten in der Nacht.

Zum Fazit: was war das wieder für eine tolle Reise? Wie viel haben wir erlebt? Und waren das wirklich „nur“ drei Wochen? Uns kommt es im Urlaub immer „zeitlos“ vor, weil wir so viel erleben.

Dankbar sind wir; sehr dankbar! Dass wir es uns erlauben können, einen solch tollen Urlaub zu gestalten. Und dass wir gesund und körperlich fit genug sind, das auch umzusetzen mit allem, was dazugehört. Dass wir 4.259 Kilometer durch Canada getourt sind, ohne dass etwas passiert ist. Und dass wir auch auf den Trails und den sonstigen Unternehmungen von Unannehmlichkeiten und Verletzungen verschont blieben. Dankbar sind wir natürlich auch für euren lieben Rückmeldungen zu unseren Berichten und Fotos. Danke - solange uns das Spaß macht und es passt, werden wir das auch in Zukunft gerne so machen.

Wir haben wahnsinnig viel erlebt: die ersten Tage im Banff NP und Jasper NP mit den ersten Eindrücken dieser türkisblauen Seen und den Wasserfällen, den Gletschern und der unfassbaren Naturerlebnisse. Banff war sehr schön, in der Stadt war aber sehr viel los - viele Menschen. Jasper gefiel uns etwas besser - dort ist alles so relaxt, laid back, entspannt.

Bei weiterhin bestem Wetter kamen dann der unerwartete Trail am Mount Robson und die schöne Zeit im Wells Grey NP. Es schlossen sich die Tage in Sun Peaks (mit einer eher einfachen Höhenwanderung) und Whistler (mit einem anstrengenden und kräftezehrenden Trail) an. Dort lernten wir auch Dirk und Sylvia kennen, mit denen wir im weiteren Verlauf noch drei sehr schöne Abende gestalten durften. Danke euch für die super Zeit - wir sehen uns wieder!

Dann die Tage auf Vancouver Island: mit alten Bäumen, Wasserfällen, Ziegen auf Dächern und natürlich dem entlegenen Telegraph Cove mit Grizzly-Tour und 2 Orcas. Victoria hat uns auch sehr gut gefallen, die beiden Fährfahrten sowieso.

Dann Vancouver - das Wetterglück ist und nicht mehr so hold, aber hey: wer konnte damit rechnen, dass die ersten beiden Wochen so super sind. Alles gut! Die Bike-Tour in Vancouver mit Nieselregen werden wir nie vergessen - auch ein Erlebnis! Das komische Motel in Princton als Ausnahme. Alle anderen Unterkünfte waren richtig gut bis herausragend. Kelowna mit dem unfassbaren Weingut und den Trails am Knox Mountain. Der Blues-Pub mit Livemusik. Überhaupt: die schönen Abende in den Pubs und Kneipen mit so unterschiedlichen Genüssen bzgl. Getränken und Speisen.

Und dann das große Finale in der Emerald Lake Lodge und im Yoho NP - perfekter Abschluss!!

Was nicht geklappt hat ist die Begegnung mit einem Bären am Straßenrand oder auf einem Trail - wie wir es von anderen regelmäßig hörten. Das hatte sich besonders Gabi sehr gewünscht. Gestern schickte mir Dirk einen Zeitausschnitt, wonach aktuell in einem Nationalpark Albertas (es gibt dort fünf, von denen wir mit Banff NP und Jasper NP zwei bereist haben) ein Ehepaar samt Hund von einem aggressiven Grizzly getötet wurden. Puh - wenn es einen schönen Tod gibt, ist das bestimmt keiner! Dann doch lieber die Bären aus der Ferne betrachten - alles gut!

Fliegen wir nochmal nach Canada? Warum nicht, wenn alles so bleibt, wie es ist. Das Land ist super - gefühlt ist man dort noch weniger touristisch aufgestellt als in den USA. Und die Natur ist vielleicht nicht ganz so abwechslungsreich wie auf einer Fahrt von San Francisco nach Denver. Aber Canadas Natur ist einfach ruhig, weitestgehend einsam, überwältigend schön und die Zeit dort sehr erholsam.

Das war einfach alles super und wir werden unsere gesamten Tagebucheinträge in nächster Zeit mindestens noch einmal lesen müssen, um uns an alles zu erinnern. Aber das ist es, was bleibt: die gemeinsame schöne Zeit und die Erinnerung - das haben wir gehabt.

Und da wir viel Zeit im Auto verbracht haben, haben wir auch wieder sehr viel schöne Musik gehört. Viel Country, aber auch gemischte Musik. Immer wieder hat sich auch Wolfgang Niedecken in die Playlist geschlichen. Und er sang uns mindestens drei mal u.a. diesen Textauszug:

„Nee, nee, keine Frage – es ist alles okay
Auch die kostbarsten Momente gehen vorbei
Schon klar, doch – hey – das tut nicht mal weh
All die Augenblicke nimmt mir keiner mehr
Ganz bestimmt, die nimmt mir keiner mehr


Dem ist nichts hinzu zu fügen! Auf weitere, gemeinsame und schöne Augenblicke. Bleibt gesund, wir sehen uns - bis bald!!

Tagesetappe: 232 Kilometer mit dem Auto, 7.644 Kilometer geflogen

© 2023 Gabi & Jürgen