Tagebuch




Banff NP - Tourquoise Lakes

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Gabi & Jürgen am Lake Louise, Banff NP, Alberta

Komischer Titel - Seen hatten wir doch gestern schon und so ganz farblos waren die doch auch nicht? Naja - schaut euch mal die Bilder von heute an: DAS ist türkis!

Die zweite Nacht war wie immer besser als die erste. Wir sind dennoch zeitig auf den Beinen, packen unsere sieben Sachen, nehmen einen Kaffee mit Müsliriegel auf dem Zimmer und packen unsere Klamotten ins Auto. Das dürfen wir erst mal noch in der Tiefgarage stehen lassen, obwohl wir schon auschecken. Gut!

Gestern Abend hatten wir kurz bei Discovery Banff Tours auf der Banff Ave. vorbei geschaut - nur so. Dabei stellte sich heraus, dass unsere Abholzeit heute nicht 07:55 Uhr, sondern 07:41 Uhr (!) ist. Wir hatten die Tour zu den beiden bekanntesten Seen des Banff NP von zu Hause aus gebucht. Der Grund: in einem You-Tube-Video hatten wir erfahren, dass die beiden Seen nicht mehr ohne weiteres mit privaten PKW zu erreichen sind. Der Lake Louise darf theoretisch noch angefahren werden - die Parkplätze sind aber immer voll. Die Straße zum Lake Moraine ist für PKW inzwischen gesperrt - da dürfen nur noch Shuttle- und Tourbusse durchfahren. Das macht es kompliziert. Die Shuttle kann man von zu Hause zwar auch buchen, ist dann aber zeitlich sehr festgelegt und wirklich einfach ist das auch nicht. Viel einfacher ist es dann, eine Tour mit Guide zu buchen. Der (oder in unserem Falle „die“ - „Phoebe“) fährt einen dann bis vor Ort und erzählt auch noch so manches interessante über die Geschichte des Bergsteigens hier, den Banff NP und die beiden Seen.

Um 07:42 Uhr ist Phoebe an unserem Hotel. Sie fährt einen ziemlich coolen Bus und die Sitze ähneln eher luxuriösen Fernsehsesseln - ok: Marke Recaro. 16 Personen sind wir kurz darauf an Bord und sie fährt uns über den Trans-Canada-Highway 1 zum Lake Louise. Unterwegs hat sie sich vorgestellt - sie ist Australierin, gelernte Profifotografin und Grafikdesignerin und war auch schon in München („the every day Disneyland for everyone“). In Whistler hat sie als Skilehrerin gearbeitet und aktuell betreut sie Bergtouren und Ausflüge für „Banff Discovery“. Sie macht, was ihr gerade gefällt - irgendwie eine australische Pippi Langstrumpf. Und sie hat berichtet, dass Banff ca. 9.000 Einwohner hat, jährlich aber Besuch von 6 Millionen (!) Touristen bekommt, 75% davon im Sommer. Unfassbar!

Am Lake Louise haben wir eine Stunde Zeit, Fotos zu machen und uns umzuschauen. Es ist ziemlich voll, aber wie immer: wenn man ein paar Meter geht, dann verläuft sich das (hier zumindest etwas). Der See ist sowas von türkisblau. Das kommt vom Gletschermehl, das zusammen mit dem Gletscherwasser in den See gelangt. Es schwebt im Wasser und filtert das gelbe und rote Farbspektrum raus. Hinten grüßt der Viktoria-Gletscher und lässt erahnen, welche Eismassen hier oben in den Rockies noch vorhanden sind. Die Kulisse spiegelt sich im glatten See und wir fotografieren lustig drauf los.

Der zweite See heißt „Lake Moraine“. Der Name basiert darauf, dass die Gletscher hier Moränen angehäuft haben, die heute auch „Rock Piles“ heißen. Einen solchen erklimmen wir und von oben ist das türkisblau nochmal intensiver - das liegt am Blickwinkel, sagt Phoebe. Auf dem See wird lustig Kanu gefahren und auch Tiny findet einen neuen Freund in XXL. Die Seen waren wirklich klasse - aber die Menschenmassen muss ich nicht jeden Tag haben - das wird auch in ein paar Tagen nicht mehr so sein.

Phoebe fährt uns sicher zurück nach Banff und gibt noch einige wertvolle Hinweise. Im Hotel schnappen wir uns den bereit stehenden KIA, besorgen im IGA-Supermarkt noch etwas für den Lunch und die kommenden Tage und fahren dann zu den nahe gelegenen Vermillion Lakes. Dort finden wir schnell eine Bank mit Aussicht und verputzen unsere üppigen Sandwiches.

Da wir heute Nacht im Lake Louise Village verbringen (Vorteil: 50 km näher dran am Icefields Parkway, der morgen auf dem Programm steht), fahfen wir zunächst die gleiche Strecke über den TCH-#1 wie heute Vormittag Richtung Norden. Bald biegen wir aber auf den beschaulicheren Bow Valley Parkway (eine parallel verlaufende Strecke) ab.

Nächstes Ziel ist hier der Johnson Canyon. Der ist ebenfalls bekannt dafür, total überlaufen zu sein. Heute Mittag hält es sich aber in Grenzen. Im Grunde ist das eine Klamm, vor der sich die deutschen Klammen wie z.B. die Breitachklamm nicht verstecken müssen. Nachdem wir die Lower Falls erreicht haben reduziert sich das Publikum merklich. Die weitere Strecke bergauf zu den Upper Falls sparen sich die meisten Leute (erst Recht, wenn sie schwarze Fellschlappen tragen). Und auf dem Weg dorthin gibt es noch einige Stromschnellen und kleine Wasserfälle zu sehen, die mit den beiden ausgeschilderten absolut mithalten können. Sportprogramm ist jedenfalls erledigt für heute.

Weiter Richtung Norden wartet nun noch „Morant’s Curve“ auf uns. Eine Eisenbahnstrecke schlängelt sich im wahrsten Sinne des Wortes am Bow River entlang. Und an dem genannten Aussichtspunkt hat man die Bahnstrecke inkl. Fluss und Bergpanorama schön vor sich liegen. Es gibt sehr schöne Aufnahmen von hier, auf denen sich ein Zug dort entlangschlängelt. Wir warten gute 45 Minuten - aber keiner kommt. Dann eben nicht.

Wir tanken voll - für alle Fälle und beziehen unser Zimmer. Von hier oben hat man einen tollen Blick auf den Viktoria-Gletscher und das Bergpanorama.

Wir sind ziemlich fertig und müde. Dennoch machen wir uns noch über die Fotos und das Tagebuch her. Zwischendurch gehen wir in eines der hauseigenen Restaurants und bestellen jeder eine Pizza. Klar - großer Fehler; das ist niemals zu schaffen. So haben wir jetzt aber bereits Frühstück oder Lunch für morgen.

Ich muss ins Bett, bis morgen - allen eine gute Nacht!


Tagesetappe: 77 Kilometer
Übernachtung: Lake Louise Inn, 210 Village Road, Lake Louise, AB T0L 1E0

Icefields Parkway

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Jürgen am Athabasca Glacier, Columbia Icefield, Jasper NP, Alberta

Jaja, ich gebe es zu: auch der heutige Tagestitel ist etwas einfallslos und keinesfalls das Highlight meiner Einfälle. Aber: heute war wieder einmal mehr der Weg das Ziel und mit dem Icefields Parkway sind wir eine weitere der Traumstraßen dieser Welt gefahren. Die sammeln wir ja quasi - was Amerika angeht. Und ich bin ein kleines bisschen „tipsy“ - wie es dazu kam? Lese unten!

Der Icefields Parkway von Lake Louise nach Jasper begeistert durch seine fantastischen Bergpanoramen. Ein Höhepunkt des Parkways ist das Columbia Icefield, ein 325 qkm großes Eisfeld über einer Wasserscheide. Das Gletscherwasser von hier fließt sowohl in den Pazifik, als auch in den Atlantik (!) Und das Arktische Meer. Die heutige Fahrstrecke beträgt eigentlich 236 km - wir haben ein Update genommen, weil wir gleich zu Beginn die Abfahrt vepassten und erstmal ein ganzes Stück den TCH-#1 Richtung Fields gefahren sind. Das ist unsere Rückstrecke am letzten tag - für heute viel zu früh.

Wir verlassen das Lake Louise Inn nach einem kurzen Telefonat mit zu Hause um kurz nach Acht Uhr mit dem beschriebenen Umweg. Dann liegt er vor uns: der Icefields Parkway mit unzähligen Möglichkeiten. Wir haben uns natürlich von zu Hause aus schon einige Dinge vorgenommen und die arbeiten wir nun bei ordentlichem Wetter sorgsam ab. Ich versuche, hier mal nur in aller Kürze darauf einzugehen - ihr findet Fotos dazu bei den Fotos …

Erster Stopp: es ist noch nicht richtig hell, aber der „Herbert Lake“ empfängt uns in aller Einsamkeit. Vollständige Ruhe!

Kurz danach empfängt uns der „Crowfoot Glacier Viewpoint“ mit einem Blick auf den Bow River und den mächtigen Gletscher.

Kaum sitzen wir wieder im Auto - es geht Schlag auf Schlag - erreichen wir Bow Summit und damit mit 2.088 m den höchste Punkt des Parkways.

Hier nehmen wir sofort den unteren Parkplatz des „Peyto Lake Trail“. Es liegt zwar jetzt ein sehr, sehr steiler Kilometer Fußweg durch dichten Wald vor uns; oben erwartet uns aber ein atemberaubender Anblick. Der Peyto Lake ist ein Muss für Fotografen! Er hat seine Farbe auch dem Gletschermehl zu verdanken und mit der Form einer Tatze kommt er sehr „unique“ rüber. Von hier aus ergibt sich auch ein toller Blick auf den Gletscher, der ihn speist. Ich habe mal das Tele-Objektiv bemüht.

Am „Waterfowl Lakes Viewpoint“ halten wir auch nur kurz. Es ist das Übliche: Berggipfel spiegeln sich im See.

Der „Mistaya Canyon Trail“ führt zu einer Kalksteinschlucht, die laut Reiseführer fast so reizvoll sein soll wie der Maligne Canyon bei Jasper. Den Vergleich haben wir (noch) nicht. Es ist aber wieder mal beeindruckend zu sehen, mit welcher Kraft sich Wasser in hartes Gestein schneidet.

Mit dem Sunwapta Pass auf 2.035 m, erreichen wir den zweithöchsten Punkt des Tages; und auch eine Wasserscheide sowie die Grenze zwischen Banff NP & Jasper NP.

Nächster Stopp: das Columbia Icefield (325 qkm). Phoebe hat es uns gestern recht anschaulich erklärt: Wenn man sich seine Hand mit gespreizten Fingern anschaut, dann entspricht der Handrücken dem Icefield und die Finger verschiedenen Gletschern, die sich an Felsnasen entlang zwängen. Das Eisfeld selbst liegt verborgen in der Höhe - nur drei seiner Gletscher (Athabasca, Dome und Stutfield) sind von der Straße aus zu sehen. Wir fahren mit dem Auto zum Parkplatz am Fuße des Athabasca Glacier wandern ein gutes Stück dem Gletscher entgegen. Eiskalt ist es hier, denn der Gletscher erzeugt einen Wind, der kalte Luft zu Boden presst und talwärts zwängt. Und besser kann man den Klimawandel nicht am eigenen Leib erfahren: immer wieder passieren wir Schilder, die uns angeben, wo der Gletscher z.B. 1982 noch war. Beängstigend - der zieht sich jedes Jahr um 10 Meter zurück und verliert 5 Meter seiner Mächtigkeit.

Wir statten auch dem „Icefield Information Centre“ einen Besuch ab. Sehenswert ist hier auch der 20 -minütige Film, der ohne jedes Wort sehr emotional zeigt, was hier abegeht. Traumhafte Aufnahmen von der imposanten Gletscherlandschaft dürfen dennoch nicht fehlen. Sehr schön! Draussen steht eines dieser Ungetüme, mit dem man eine Tour auf den Gletscher machen kann - da verzichten wir gerne, finden wir nicht so toll …

Der "Stutfield Glacier Viewpoint" ist einen kurzen Stopp und ein schnelles Foto Wert.

Richtig sehenswert sind dann wieder die „Sunwapta Falls“. Hier umfließt das Wasser zunächst eine kleine Insel, bevor es sich dann mächtig in die Tiefe stürzt.

Der KIA frisst die Kilometer geduldig - apropos: die Kanadier sind voll metrisch eingestellt. Nix Meilen, Kilometer stehen auf den Straßenschildern. Wir fahren gemütlich mit meist 90 km/h und halten vergeblich Ausschau nach Bären.

Die 23 Meter hohen „Athabasca Falls“ sind schließlich noch Pflichtprogramm. Hier sucht sich das Wasser jeden Weg, den es kriegen kann und stürzt sich rechts, links, kreuz und quer die Felsen hinunter. Ein Weg zu verschiedenen Aussichtspunkten eröffnet Perspektiven. Was mir auffällt heute sind die bunt gemischten Volksgruppen aller Herren Länder, die hier unterwegs sind - wir gehören natürlich dazu. Yaks und Yetis, dazu alle denkbaren und undenkbaren Klamotten dieser Welt. Klar: viele sind zweckmäßig mit Outdoor-Kleidung ausgestattet wie wir. Aber neben Fellpantoffeln, Inkamützen, Leggins XXXXXL und Zarenmützchen ist auch alles andere undenkbare vertreten. Weia!

So erreichen wir schließlich unsere private Unterkunft in Jasper. Und die hat es auch in sich: Ein kleines Häuschen inmitten einer Wohngegend. Jasper ist ganz anders als das eher mondäne Banff. Schlicht, unaufgeregt, amerikanisch (?) - wir finden es einfach klasse! Unser neues Zuhause wird von Kiran & Sonali betrieben. Kleines Haus mit kleinem Garten. Sonali begrüßt uns. Gäste mit Allergien hätten es keinen Meter ins Haus geschafft. Es riecht stark nach Räucherstäbchen. Die Treppe ist mit einem Fell gepolstert, der überflauschig genannt werden darf. Und auch unser tolles Zimmer ist von oben bis unten in Flausch gepackt. Super - aber nicht für jede/n verträglich. Uns macht das nix.

Der Hammer aber ist folgendes: schon bei der Ortseinfahrt Jasper wies ein Schild darauf hin, dass „Bears in Town“ sind. Sonali setzt noch einen drauf. Sie müsse uns darauf hinwiesen, dass immer wieder mal Bären in ihrem Garten auftauchen. Erst gestern sei eine Mama mit ihrem Kleinen über den Zaun gekommen und letztlich sogar ein über 2 Meter großer Papa. Sie zeigt uns Videos, die sie vom Küchenfenster aus aufgenommen hat und wir können es kaum glauben: die tollen da im Garten rum als sei es nix. Sonali bittet uns, die Haustür immer zu schließen und beim Verlassen des Hauses immer mal zu gucken, ob die Luft rein sei.

Das machen wir, als wir aufbrechen, die Stadt zu erkunden. Die Pizzareste von gestern haben uns über den Tag gerettet. Nun aber wollen wir den Abend beschließen. Wir kehren am Ende der Hauptstraße bei „Montana’s“ ein, bekommen einen Platz draußen im 1. OG mit Blick auf die Berglandschaft, den Public Washroom und die Eisenbahn, die erbarmungslos 30 Minuten vorbeiquietscht und bestellen: Neben Cider und Jasper Pale Ale gibt es einen Salat mit Ziegenkäse, spicy Pekannüssen, Apfel, Cranberries und Hähnchenbrust - der schmeckt ihr sehr gut! Ich habe einen Cipotle-Burger und der schlanken Linie wegen Salat als Beilage im Sinn - bestelle dann aber doch meine geliebten Onion-Rings als Beilage. Lecker! Ich ergänze noch ein Jasper IPA und als wir gerade zahlen wollen fängt es an zu regnen.

Deshalb wechseln wir an die Bar und ich nehme noch ein „Rickard’s Red“ - passend zu Gabis Strawberry Margaritha.

Im strömenden Regen laufen wir dann irgendwann heim - die meisten Tropfen fallen aber daneben. Jetzt ist das Tagebuch auch fertig und ich mache gleich die Augen zu . Morgen? Ein ganzer Tag im Jasper NP - mit Bären im Garten?

Tagesetappe: 258 Kilometer
Übernachtung: B & B Kiran Accommodations, 225 Bonhomme Street, Jasper, AB T0E 1E0

© 2023 Gabi & Jürgen