Tagebuch




Icefields Parkway

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Jürgen am Athabasca Glacier, Columbia Icefield, Jasper NP, Alberta

Jaja, ich gebe es zu: auch der heutige Tagestitel ist etwas einfallslos und keinesfalls das Highlight meiner Einfälle. Aber: heute war wieder einmal mehr der Weg das Ziel und mit dem Icefields Parkway sind wir eine weitere der Traumstraßen dieser Welt gefahren. Die sammeln wir ja quasi - was Amerika angeht. Und ich bin ein kleines bisschen „tipsy“ - wie es dazu kam? Lese unten!

Der Icefields Parkway von Lake Louise nach Jasper begeistert durch seine fantastischen Bergpanoramen. Ein Höhepunkt des Parkways ist das Columbia Icefield, ein 325 qkm großes Eisfeld über einer Wasserscheide. Das Gletscherwasser von hier fließt sowohl in den Pazifik, als auch in den Atlantik (!) Und das Arktische Meer. Die heutige Fahrstrecke beträgt eigentlich 236 km - wir haben ein Update genommen, weil wir gleich zu Beginn die Abfahrt vepassten und erstmal ein ganzes Stück den TCH-#1 Richtung Fields gefahren sind. Das ist unsere Rückstrecke am letzten tag - für heute viel zu früh.

Wir verlassen das Lake Louise Inn nach einem kurzen Telefonat mit zu Hause um kurz nach Acht Uhr mit dem beschriebenen Umweg. Dann liegt er vor uns: der Icefields Parkway mit unzähligen Möglichkeiten. Wir haben uns natürlich von zu Hause aus schon einige Dinge vorgenommen und die arbeiten wir nun bei ordentlichem Wetter sorgsam ab. Ich versuche, hier mal nur in aller Kürze darauf einzugehen - ihr findet Fotos dazu bei den Fotos …

Erster Stopp: es ist noch nicht richtig hell, aber der „Herbert Lake“ empfängt uns in aller Einsamkeit. Vollständige Ruhe!

Kurz danach empfängt uns der „Crowfoot Glacier Viewpoint“ mit einem Blick auf den Bow River und den mächtigen Gletscher.

Kaum sitzen wir wieder im Auto - es geht Schlag auf Schlag - erreichen wir Bow Summit und damit mit 2.088 m den höchste Punkt des Parkways.

Hier nehmen wir sofort den unteren Parkplatz des „Peyto Lake Trail“. Es liegt zwar jetzt ein sehr, sehr steiler Kilometer Fußweg durch dichten Wald vor uns; oben erwartet uns aber ein atemberaubender Anblick. Der Peyto Lake ist ein Muss für Fotografen! Er hat seine Farbe auch dem Gletschermehl zu verdanken und mit der Form einer Tatze kommt er sehr „unique“ rüber. Von hier aus ergibt sich auch ein toller Blick auf den Gletscher, der ihn speist. Ich habe mal das Tele-Objektiv bemüht.

Am „Waterfowl Lakes Viewpoint“ halten wir auch nur kurz. Es ist das Übliche: Berggipfel spiegeln sich im See.

Der „Mistaya Canyon Trail“ führt zu einer Kalksteinschlucht, die laut Reiseführer fast so reizvoll sein soll wie der Maligne Canyon bei Jasper. Den Vergleich haben wir (noch) nicht. Es ist aber wieder mal beeindruckend zu sehen, mit welcher Kraft sich Wasser in hartes Gestein schneidet.

Mit dem Sunwapta Pass auf 2.035 m, erreichen wir den zweithöchsten Punkt des Tages; und auch eine Wasserscheide sowie die Grenze zwischen Banff NP & Jasper NP.

Nächster Stopp: das Columbia Icefield (325 qkm). Phoebe hat es uns gestern recht anschaulich erklärt: Wenn man sich seine Hand mit gespreizten Fingern anschaut, dann entspricht der Handrücken dem Icefield und die Finger verschiedenen Gletschern, die sich an Felsnasen entlang zwängen. Das Eisfeld selbst liegt verborgen in der Höhe - nur drei seiner Gletscher (Athabasca, Dome und Stutfield) sind von der Straße aus zu sehen. Wir fahren mit dem Auto zum Parkplatz am Fuße des Athabasca Glacier wandern ein gutes Stück dem Gletscher entgegen. Eiskalt ist es hier, denn der Gletscher erzeugt einen Wind, der kalte Luft zu Boden presst und talwärts zwängt. Und besser kann man den Klimawandel nicht am eigenen Leib erfahren: immer wieder passieren wir Schilder, die uns angeben, wo der Gletscher z.B. 1982 noch war. Beängstigend - der zieht sich jedes Jahr um 10 Meter zurück und verliert 5 Meter seiner Mächtigkeit.

Wir statten auch dem „Icefield Information Centre“ einen Besuch ab. Sehenswert ist hier auch der 20 -minütige Film, der ohne jedes Wort sehr emotional zeigt, was hier abegeht. Traumhafte Aufnahmen von der imposanten Gletscherlandschaft dürfen dennoch nicht fehlen. Sehr schön! Draussen steht eines dieser Ungetüme, mit dem man eine Tour auf den Gletscher machen kann - da verzichten wir gerne, finden wir nicht so toll …

Der "Stutfield Glacier Viewpoint" ist einen kurzen Stopp und ein schnelles Foto Wert.

Richtig sehenswert sind dann wieder die „Sunwapta Falls“. Hier umfließt das Wasser zunächst eine kleine Insel, bevor es sich dann mächtig in die Tiefe stürzt.

Der KIA frisst die Kilometer geduldig - apropos: die Kanadier sind voll metrisch eingestellt. Nix Meilen, Kilometer stehen auf den Straßenschildern. Wir fahren gemütlich mit meist 90 km/h und halten vergeblich Ausschau nach Bären.

Die 23 Meter hohen „Athabasca Falls“ sind schließlich noch Pflichtprogramm. Hier sucht sich das Wasser jeden Weg, den es kriegen kann und stürzt sich rechts, links, kreuz und quer die Felsen hinunter. Ein Weg zu verschiedenen Aussichtspunkten eröffnet Perspektiven. Was mir auffällt heute sind die bunt gemischten Volksgruppen aller Herren Länder, die hier unterwegs sind - wir gehören natürlich dazu. Yaks und Yetis, dazu alle denkbaren und undenkbaren Klamotten dieser Welt. Klar: viele sind zweckmäßig mit Outdoor-Kleidung ausgestattet wie wir. Aber neben Fellpantoffeln, Inkamützen, Leggins XXXXXL und Zarenmützchen ist auch alles andere undenkbare vertreten. Weia!

So erreichen wir schließlich unsere private Unterkunft in Jasper. Und die hat es auch in sich: Ein kleines Häuschen inmitten einer Wohngegend. Jasper ist ganz anders als das eher mondäne Banff. Schlicht, unaufgeregt, amerikanisch (?) - wir finden es einfach klasse! Unser neues Zuhause wird von Kiran & Sonali betrieben. Kleines Haus mit kleinem Garten. Sonali begrüßt uns. Gäste mit Allergien hätten es keinen Meter ins Haus geschafft. Es riecht stark nach Räucherstäbchen. Die Treppe ist mit einem Fell gepolstert, der überflauschig genannt werden darf. Und auch unser tolles Zimmer ist von oben bis unten in Flausch gepackt. Super - aber nicht für jede/n verträglich. Uns macht das nix.

Der Hammer aber ist folgendes: schon bei der Ortseinfahrt Jasper wies ein Schild darauf hin, dass „Bears in Town“ sind. Sonali setzt noch einen drauf. Sie müsse uns darauf hinwiesen, dass immer wieder mal Bären in ihrem Garten auftauchen. Erst gestern sei eine Mama mit ihrem Kleinen über den Zaun gekommen und letztlich sogar ein über 2 Meter großer Papa. Sie zeigt uns Videos, die sie vom Küchenfenster aus aufgenommen hat und wir können es kaum glauben: die tollen da im Garten rum als sei es nix. Sonali bittet uns, die Haustür immer zu schließen und beim Verlassen des Hauses immer mal zu gucken, ob die Luft rein sei.

Das machen wir, als wir aufbrechen, die Stadt zu erkunden. Die Pizzareste von gestern haben uns über den Tag gerettet. Nun aber wollen wir den Abend beschließen. Wir kehren am Ende der Hauptstraße bei „Montana’s“ ein, bekommen einen Platz draußen im 1. OG mit Blick auf die Berglandschaft, den Public Washroom und die Eisenbahn, die erbarmungslos 30 Minuten vorbeiquietscht und bestellen: Neben Cider und Jasper Pale Ale gibt es einen Salat mit Ziegenkäse, spicy Pekannüssen, Apfel, Cranberries und Hähnchenbrust - der schmeckt ihr sehr gut! Ich habe einen Cipotle-Burger und der schlanken Linie wegen Salat als Beilage im Sinn - bestelle dann aber doch meine geliebten Onion-Rings als Beilage. Lecker! Ich ergänze noch ein Jasper IPA und als wir gerade zahlen wollen fängt es an zu regnen.

Deshalb wechseln wir an die Bar und ich nehme noch ein „Rickard’s Red“ - passend zu Gabis Strawberry Margaritha.

Im strömenden Regen laufen wir dann irgendwann heim - die meisten Tropfen fallen aber daneben. Jetzt ist das Tagebuch auch fertig und ich mache gleich die Augen zu . Morgen? Ein ganzer Tag im Jasper NP - mit Bären im Garten?

Tagesetappe: 258 Kilometer
Übernachtung: B & B Kiran Accommodations, 225 Bonhomme Street, Jasper, AB T0E 1E0

Von kalbenden Gletschern und anderen Tümpeln

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Gabi am Edith Cavell Glacier Pond, Jasper NP, Alberta

Vorweg: heute keine Bären im Garten, dafür sahen wir einen am Medicine Lake - aber ganz weit weg, quasi am Horizont. Und ein „female Elk“, also eine Hirschkuh stand am Wegesrand und graste. Als wir dann heute Abend vom Essen aus Downtown Jasper in unsere Straße einbogen, grasten drei weitere Hirschkühe vor der Kirche gegenüber, wir wären fast drüber gestolpert.

Wir hatten heute das große Vergnügen, einen ganzen Tag im Jasper NP verbringen zu dürfen - und wir haben es bei bestem Wetter gut genutzt und sehr genossen. Der Reihe nach:

Wir lassen es etwas ruhig angehen an diesem Mittwochmorgen in Jasper. Vater freut sich über ein Skype-Telefonat; schön, dass bei ihm alles in Ordnung ist zu Hause. Wir trinken einen Kaffee auf dem Zimmer und machen uns dann auf die Socken - bzw. auf die Reifen.

Den Vormittag verbringen wir nochmal am Icefields Parkway, allerdings ganz hier in der Nähe von Jasper. Zunächst fahren wir zahlreiche Serpentinen und eine fein geschwungene Straße (das geht wunderbar im Takt der Musik, findet Gabi) weit hinauf bis zur Edith Cavell Parking Lot. Dort ist der Ausgangspunkt für den „Path of the Glacier Loop Trail“, angeblich einer der besten Kurzwanderwege im Jasper Park. Es nieselt ganz leicht hier oben, die Luft ist dünn. In diesem Urlaub ist „layered clothing“ das Motto: Zwiebelprinzip - T-Shirt, dünne Jacke, Regenjacke. Als es nicht mehr regnet, kann die Regenjacke in den Rucksack, als die Sonne rauskommt, folgt die Jacke.

Der Trail (ca. 2 km) führt zum Edith Cavell Pond unterhalb des Gletschers. Schaut mal bei den Bildern: oben in der Wand hängt der Hauptgletscher, dünne Wasserfälle rieseln herab auf das unten liegende Eisfeld (sieht ein wenig aus wie Tiramissu), vor dem sich der kleine See erstreckt, auf dem auch diverse Eisschollen dümpeln. Wir genießen die Kulisse sehr und ich mache viel mehr Bilder, als ich auf der Website zeigen kann. Plötzlich donnert es - und das, obwohl inzwischen die Sonne scheint. Da bricht ein gutes Stück Eis aus der Wand und donnert in den See. Das haben wir auch noch nie gesehen. Sehr beeindruckend. Wusstet ihr übrigens, dass Eis in der Kühltruhe ca. 80% Luft enthält, Gletscher aber nur ca. 20%? So stark verdichtet ist das Gletschereis und daher ist es auch so hart und widerstandsfähig - leider nicht genug für den Klimawandel.

Eine wirklich tolle Wanderung am frühen Morgen, die bei perfektem Wetter endet. Auch die Blicke in die Berglandschaft gegenüber sind atemberaubend.

Nächster Stopp: Das „Valley of the five Lakes“. Hier gibt es ebenfalls einen Loop-Trail, der allerdings gut 4 km lang ist und deutlich mehr Kraxelei verlangt, als wir erwartet haben. Hier in der Höhe kommen wir ganz schön ins Schnaufen. „Huffin’ and Puffin’“ wie die Amerikaner sagen würden. Die Seen sind aber dann so, wie wir es inzwischen kennen: türkisblau, ganz ruhig - die Welt spiegelt sich im See. Auch das war eine super Wanderung. Nun ist unser weiterer Aktionsradius für heute aber etwas reduziert. So ganz viele Kilometer gehen nicht mehr.

Also fahren wir die gut 50 Minuten bis zum Malinge Lake. Auch diese Strecke ist alleine schon die Fahrt wert. Sagenhaft. Und da nur 60 km/h erlaubt sind ist das auch alles ganz entspannt. Auf dem Weg dorthin sehen wir den Bären das „Wetland“ am Medicine Lake queren. Der ist aber so weit weg, dass ich selbst aus dem mit dem 300er Tele aufgenommenen Foto noch ganz schön heranschneiden muss, um überhaupt was zu erkennen. Real kam er rüber wie ein Marienkäfer, sagt Gabi.

Am Malinge Lake gehen wir ca. 1 km über den Mary Schaeffer Trail bis zu einem Aussichtspunkt - und dann wieder zurück. Hat sich gelohnt, sehr entspannt.

Jetzt aber nach Hause. Vorsichtig das Gartentor aufmachen, kurz den Vorgartenund den Garten checken - keine Bären. Das ist echt lustig: immer, wenn du das Haus verlässt, lugst du kurz aus der Haustür - Blick links, Blick rechts: keine Bären: go!

Wir überspielen nur kurz die Fotos aufs Macbook, dann starten wir schon Richtung Abendessen. Wir wollen heute früher unser Glück versuchen, vielleicht ist es dann nicht so voll in der Jasper Brewing Company. Erfolg! Wir bekommen die beiden letzten Plätze draussen. Sechs eigene Biere vom Fass stehen auf der Karte - ich nehme alle! Wirklich, aber als Bierprobe. Das sind 6 kleine Gläser, davon 2 mit IPA-Bieren; ein Stout gibt es auch. Lecker, sehr herb und abwechslungsreich. Und: ungewöhnlich! Bei einem Bier wurde Honig und Koriander im Brauprozess hinzugefügt. Und wer es besonders „Citrus“ mag, kann ein IPA bekommen, das von einem Mandarinenbier „getoppt“ wird. Eine Mischung also. Nichts für schwache Reinheitsgebotsenthusiasten.

Gabi trinkt wieder mal ein Cider und nimmt „Fish & Chips“ dazu. Ich bekomme nochmal eine riesige Nacho-Pfanne. Lecker!! Auf dem Rückweg kaufen wir im Liquor-Store noch eine kleine Flasche Tanqueray-Gin. Daraus nehmen wir gleich ein kleines Gläschen auf der Bettkante. Das ist bestimmt gut nach der Fettattacke beim Abendessen.

Jetzt ist alles geschrieben und bearbeitet. Gerade habe ich noch mit einem lieben Freund telefoniert, der mit seinem Bruder in Nieukerk die Nacht zum Tag gemacht hat. Ganz liebe Grüße in die Heimat an alle!! Uns geht es bestens!

Tagesetappe: 154 Kilometer
Übernachtung: B & B Kiran Accommodations, 225 Bonhomme Street, Jasper, AB T0E 1E0

What a famous Hike Day!

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Gabi auf dem Deckers Loop Trail. Blackcomb Mountain, Whistler, British-Columbia

Wettervorhersage: war komplett falsch! Der Tag: war ein sensationell schöner Hiking-Day am Blackcomb Mountain. Im Ernst: nach dem, was uns gestern für heute hier ein Wetter prognostiziert wurde, hätten wir heute keinen Berg sehen dürfen. Das klang wirklich düster gestern Abend. Um so größer war unsere Überraschung, als wir heute morgen aus dem Fenster schauten: Wolken - aber auch blauer Himmel.

Wir machen uns gemütlich fertig und fragen dann an der Rezeption nach den Möglichkeiten. Ein junger Mann wird als Experte für Wandertipps bezeichnet und vorgeschoben. Er empfiehlt uns, etwas Geld in die Hand zu nehmen für die Seilbahnfahrt auf den Blackcomb Mountain und dann dort den „Deckers Loop Trail“ zu absolvieren. Sein Lieblingswanderweg hier und bei etwas Glück werden wir von grandiosen Aussichten auf die Gletscher der Umgebung belohnt. 90 Minuten veranschlagt er für den Trail - und so steht es auch auf der Beschreibung an der Seilbahn.

So weit, so gut. Wir ziehen erstmals die Wanderstiefel an, packen ein, was nötig ist, ziehen uns warm genug an und suchen das „Upper Village“, denn dort startet die Seilbahn. Die ist gut zu Fuß erreichbar - aber nicht ganz so leicht zu finden. Als ich die Tickets kaufe, habe ich wahrscheinlich Anteile an dem Seilbahnunternehmen erworben - hoffentlich lohnt sich das!

Wir schweben dem Himmel entgegen und genießen die Auffahrt. Seilbahnfahren gehört wirklich zu den Dingen, die wir sehr, sehr gerne machen. Oben dann alles noch recht bedeckt und: die Karte - ok, bis zum Deckers Loop Trail muss man vorher noch den Alpine Loop Trail und den Overload Trail bewältigen. Wir benötigen für dieses „Intro“ eine Stunde. Es geht ganz schön rauf und runter und zum Teil durch dichten Wald. Da wir alleine sind zur Zeit hängen wir die Bimmel raus und klingen ab nun wieder wie eine Herde beim Almabtrieb. Kein Wunder, dass wir keine Bären treffen: wir vertreiben sie ja ständig aktiv.

Der Deckers Trail ist „schwarz“ gekennzeichnet und ich habe echt Respekt, dass Gabi den mit mir so ohne zu murren in Angriff nimmt. Im Gegenteil: sie bestimmt vorweg das Tempo - so sind wir es gewohnt und so stellen wir auch sicher, das ich nicht überpace. Es geht steil bergan, zum Teil auch sehr steil und zwar über Stock und Stein. Alles machbar, aber dass kostet Kraft. Die Sonne kommt immer mehr zum Vorschein und es ist einfach eine klasse, wenn auch sehr anspruchsvolle Wanderung.

Im oberen Teil des Grates - wir sind hier wirklich hochalpin unterwegs - wird es dann technisch noch etwas anspruchsvoller. Es geht gut 45 Minuten über Felsblöcke und wir müssen wirklich jeden Schritt bedenken. Sich hier zu vertreten wäre nicht gut. Außerdem müssen wir „Pathfinder“ spielen, denn der Weg ist zum Teil gut versteckt in der Felswüste. Das macht alles sehr viel Spaß, kostet aber Konzentration und Kraft.

Oben an einem kleinen See treffen wir dann eine Dame, die hier in Whistler wohnt. Wir quatschen etwas und sie macht ein schönes Bild von uns. Von hier oben ist die Aussicht auf die gegenüber liegenden Gletscher wirklich atemberaubend.

Der Weg „runter“ geht auch immer wieder mal steil hinauf. Alles sehr kräftezehrend. Am Wegesrand sitzt ein kleiner „Pica“, ein Pfeifhase. Den kennen wir aus den USA. Und hier macht es sich auch bezahlbar, dass ich das schwere 70-200 mm Objektiv mit meinem zweiten Body ständig durch die Gegend schleppe. Wir haben für die „Loop“ gut zwei Stunden benötigt und waren bestimmt nicht die Langsamsten hier heute. Die Kletterei oben kostet aber Zeit, wenn man den Weg nicht kennt. Jetzt folgt noch der Rückweg zur Seilbahn als „Outro“ - puh!

Wir treffen ein deutsches, freundliches Paar aus der Nähe von Bielefeld und unterhalten uns gut, denn wir haben zum Teil die gleiche Route und uns viel zu erzählen. Gemeinsam wandernd vergeht die Zeit auf dem Rückweg auch besser.

Gabi kommt an ihre Grenze, sie mobilisiert die letzten Körner. Trotzdem zeigt sie nochmal, welchen Grad wir eben noch hochgekraxelt sind. Auf den Felsen nebenan genießen fette Murmeltiere die famose Aussicht. Wir erreichen die Bergstation und benötigen jetzt dringend eine Pause und 2 Strongbow Cider. Zu viert genießen wir die Aussicht und den Tag. Dann fahren wir ab und entspannen erst mal auf dem Zimmer.

Abendessen nach einer Dusche ist jetzt angesagt. In der Old Spaghetti Factory wollen sie uns 30 Minuten warten lassen. Nö - da gehen wir doch lieber in die Crystal Lounge gleich nebenan. Ein Glücksgriff! Gemütlicher Pub, (fast?) nur Einheimische, die Pool spielen und Bier zum Teil per Pitcher trinken. Respekt, das sind 1,7 Liter. Die Speisenkarte entspricht teilweise der Factory nebenan. Sie teilen sich die Küche. So kommt Gabi nochmal zu ihren Spaghetti und ich zu meinen Nachos. Lecker Bier vom Fass, coole Atmosphäre - perfekt.

Das war wieder mal ein super Tag - und so völlig unerwartet! Wir hätten niemals gedacht, heute 4,5 Stunden nonstop durch hochalpines Gelände zu kraxeln, dabei gute Sicht zu haben und vom Regen verschont zu bleiben. Und ich habe mal wieder über 20.000 Schritte auf der Uhr. Die Beine sind schwer, aber: das war der komplett perfekte Hiking-Day. Wir sind so was von platt und schlafen uns jetzt aus.

Morgen geht es für 5 Nächte nach Vancouver Island und mit dem Pazifik kommt eine neue, spannende Komponente ins Spiel. Jipi!!

Tagesetappe: 11,5 Kilometer hochalpine Wanderung
Übernachtung: Crystal Lodge, 4154 Village Green, Whistler, BC V0N 1B4

© 2023 Gabi & Jürgen